Entstehungsgeschichte der Bronzetafeln auf den Bergen
Der italienische Künstler Carmelo Puzzolo besuchte im Sommer 1985 als Pilger zum ersten Mal Medjugorje. Während einer spontanen Begegnung mit P. Slavko entstand die Idee, witterungsresistente Kreuzwegstationen zu modellieren. Über die erstaunliche Entstehungsgeschichte der Bronzetafeln mit den Kreuzwegstationen auf den Krizevac und den Rosenkranzgeheimnissen auf den Erscheinungsberg berichtet der Künstler im Gespräch mit Ingrid Quendler für die Oase des Friedens in Medjugorje.
Es war im Jahr 1985 und ich arbeitete gerade als Assistent von Meister Pietro Annigoni an den Fresken über das Leben des Heiligen Antonius in der Segenskapelle der Basilika von Padua. An einem Abend war der Meister von Freunden, die Industrielle waren, zum Essen in Thiene eingeladen, und ich begleitete ihn. Während des ganzen Essens sprachen die Leute von Medjugorje und davon, was dort alles geschah. Ich hatte vorher noch nie von Medjugorje gehört und war sehr erstaunt darüber, was in diesem Land geschah. Unser Gastgeber, Valentino Brazzale, lud mich ein, dorthin zu fahren, um mir selbst einen persönlichen Eindruck zu machen.
Und wirklich nahm ich den Rat von Brazzale und seinem Freund Santin Dalle Carbonare, die beide schon oft in Medjugorje waren, an und unternahm bei der ersten Gelegenheit, in der ich mich von der Arbeit frei machen konnte, gemeinsam mit meiner Ehefrau diese lange Reise. Damals waren die Straßen noch ganz anders als jetzt, es gab die neue Autobahn noch nicht und man musste durch entlegene und urige Dörfer fahren. Hätte wir eine Autopanne gehabt, wäre es wohl schwierig geworden...
Wir blieben dann eine Woche in Medjugorje und unsere Erfahrungen waren bewegend. Ich möchte hier nicht einzelne Ereignisse oder Emotionen beschreiben, Medjugorje muss man selbst erleben, in Worten kann man das nicht ausdrücken. Am Abend des letzten Tages unseres Aufenthaltes in Medjugorje ging ich in Richtung Kirche. Die Julisonne glühte über dem Platz vor dem alten Pfarrhaus. Ich war allein und gerade in diesem Augenblick kam P. Slavko aus dem Pfarrhaus heraus. Wir grüßten uns er fragte mich, woher ich komme und wie lange ich noch in Medjugorje bleibe würde, er hätte mich schon vor mehreren Tagen unter den Pilgern bemerkt. Ich antwortete ihm, dass ich am nächsten Morgen nach Italien zurückreisen müsste, und zwar zeitig am Morgen. Ob ich in Medjugorje gute Glaubenserfahrungen gemacht hätte, fragte er mich weiter. „Ja“, sagte ich. Und ob ich alles erfahren hätte, was ich mir vorgestellt hatte, bohrte er weiter. „Ja, es waren viele gute Erfahrungen“, sagte ich. „Nur eine habe ich nicht gemacht. Aber ich möchte nicht zu viel verlangen.“ P. Slavko schaute mich an und sagte: „Vielleicht kannst du diese auch noch machen.“ „Ja?“, fragte ich. „Was soll ich tun?“ „Kommst du zum Rosenkranz um 17 Uhr?“ „Ja“, antwortete ich. Dann warte nach dem zweiten Rosenkranz hinten in der Kirche auf mich.“
Keiner von uns nannte die Erfahrung, die ich mir so gewünscht hatte, beim Namen. Nach dem zweiten Rosenkranz kam mir P. Slavko tatsächlich entgegen, nahm mich an der Hand und begleitete mich zur Treppe, die ins alte Pfarrhaus führte. In der Zwischenzeit hatte sich der Platz gefüllt mit unzähligen Pilgern, die auch ins Pfarrhaus hinein wollten. P. Slavko führte mich in sein Arbeitszimmer, wo schon viele Leute waren. Die beiden Seher Marija und Ivan waren in der Vorbereitung auf die Erscheinung bereits im Gebet vertieft. In diesem Zimmer begegneten die Seher jeden Abend der Königin des Friedens und ich war diesmal dabei! So ging auch dieser durch die Intuition von P. Slavko in Erfüllung, den ich mir nicht gewagt hatte, auszusprechen. Nach der Abendmesse wollte ich mich beim Pater bedanken. Während ich mit ihm sprach, umringte ihn eine große Gruppe von Pilgern. Ich sagte ihm, dass ich beobachtet hätte, wie die Pilger auf dem Aufstieg des Kreuzberges vor Stationen beteten, die nur mit roten römischen Ziffern gekennzeichnet waren. Wie ich es mir gedacht hatte, antwortete er mir, dass man so den Kreuzweg betete. Ich fragt ihn, warum sie keinen echten Kreuzweg machen wollten. „Was meinst Du mit einem echten Kreuzweg?“, fragte er mich.
Ich antwortete, dass ich kleine Bronzeformen meinte, die dem Wetter und jeder Witterung standhielten. Der Pater war ratlos und sagte schließlich: “Denkst du, dass man vor Bronzeformen gut beten kann?” „Meiner Meinung nach kann man sogar vor kleinen Figuren aus Brotkrumen gut beten, solang sie mit dem nötigen Respekt und mit Liebe zur Geschichte, die sie darstellen sollen, ausgeführt wurden.“, antwortete ich. Darauf entgegnete mir P. Slavko, dass die Vögel diese Brotfiguren wohl in einer Woche alle aufgefressen hätten.
In der Zwischenzeit waren viele Pilger wieder weggegangen und unser Gespräch wurde in einem etwas ernsteren Tonfall von neuem aufgenommen. “Wer sollte diesen Kreuzweg gestalten?” fragte P. Slavko. Nachdem ich kurz nachgedacht hatte, sagte ich, dass ich diese Arbeit machen würde. “Bist du ein Künstler?” “Ich lehre Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Florenz” antwortete ich. Meine Antwort hatte ihn wohl beruhigt. Nach kurzem Nachdenken sagte er: “Und wie viel würde eine derartige Arbeit kosten?” Diese Frage konnte ich nicht beantworten, da ich noch nie Skulpturen gemacht hatte und auch keine Erfahrung hatte, wie viel das Gießen des Materials kosten würde.
Doch wollte ich den Pater überzeugen und sagte, dass ich meine Arbeit umsonst machen würden und die Patres das Material bezahlen müssten. Dann fügte ich hinzu: “Bei all den Pilgern, die nach Medjugorje kommen, wird es nicht schwer sein, diesen Betrag aufzubringen.” P. Slavko nahm dieses Risiko an und war begeistert von meinem Plan. Sobald ich wieder in Italien war, wollte ich bei der Gießerei Marinelli in Florenz den Preis besprechen und P. Slavko darüber informieren. Wir tauschten die Telefonnummern aus und verabschiedeten uns.
Am darauffolgenden Tag, ich war gerade zu Hause angekommen, erhielt ich einen Anruf von Valentino Brazzale. Er wollte wissen, wie es mir in Medjugorje gegangen war und was für Erfahrungen ich gemacht hätte.
Ich berichteten ihm vom Kreuzweg und sagte, dass ich in den nächsten Tagen nach Florenz reisen und mich bei einer Gießerei wegen der Kosten erkundigen müsste.
Brazzale sagte, dass es in Sandrigo, in der Nähe von Thiene, eine Gießerei gab und dass er sich informieren würde. “Fahr noch nicht nach Florenz. Ich ruf dich später an und gebe dir die Auskunft, die du brauchst.”, sagte er am Telefon. Nach einer Stunde meldetet er sich am Telefon. „Komm gleich nach Thiene. Die Kosten sind abhängig von den Maßen und vom Gewicht der Formen. Du musst die Maße angeben und weitere Dinge erklären.” „Wie soll ich jetzt gleich dorthin fahren? Ich bin ja gerade erst aus Medjugorje zurückgekehrt. Ich komme morgen.“, antwortete ich. „Du musst heute Abend kommen, um mit den Gießern zu sprechen, denn morgen früh fahren wir nach Medjugorje und könnten so P. Slavko schon sagen, dass es jemanden gibt, der die Gießerei- und Transportkosten der Bronzefiguren bezahlen wird.” Um zehn Uhr Abends hatten wir einen Preis vereinbart und um vier Uhr morgens brachen wir auf nach Medjugorje.
P. Slavko war ziemlich überrascht, als er mich nach so kurzer Zeit wieder sah, und noch mehr, als ich ihm sagte, dass schon alles organisiert war. P. Slavko gab zu bedenken, dass das kommunistische Regime es nicht erlauben würde, solche religiösen Zeichen außerhalb der Kirche aufzustellen. Das könnte ein Problem werden. Das würde ein Problem werden. Ich antwortete, dass meine Arbeit viele Monate lang dauern würden und er ausreichend Zeit hätte, um von den verantwortlichen Behörden die notwendige Genehmigung zu bekommen. Die Arbeit, die ich in den unterrichtsfreien Stunden ausführen konnte, dauerte 22 Monate.
Nach dem Rat eines kommunistischen Chefs, den P. Slavko kannte, wurden die Bronzetafeln vorerst einmal hingestellt. Zwei Jahre später, am Karfreitag des Jahres 1989, wurden sie feierlich eingeweiht. Später spendete Herr Santino Dalle Carbonare die Bronzetafeln mit den Rosenkranzgeheimnissen auf dem Erscheinungsberg. Diese wurden vorerst verpackt im Pfarrhaus untergebracht, bis der fürchterliche Krieg vorüber war, der im geplagten Ex-Jugoslawien die Dinge und Gewissen der Menschen zerstört hatte. Danach wurden auch die Bronzetafeln am Erscheinungsberg aufgestellt.
Das ist die Geschichte, wie die Bronzetafeln der Kreuzwegstationen auf den Krizevac und der Rosenkranzgeheimnisse auf den Erscheinungsberg entstanden und aufgestellt worden sind, vor denen Pilger aus der ganzen Welt heute beten. Kopien des Kreuzweges befinden ich heute in Steubenville in Ohio, USA, in Fulda in Deutschland, in Malawi und in Uganda, am Iseosee, in Novara und an meinem Heimatort.
Quellennachweis: Zeitschrift www.oasedesfriedens.at/ 10/2014