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Praktische Hinweise zum Gebet

1. Wenn du allein zu Gott betest, so reflektiere in Stille die Texte der Heiligen Schrift. Denke über die Botschaften nach und nimm dir Zeit für das Schweigen! Eine kurze Reflexion vor und nach jeder TextsteIle soll dazu verhelfen, leichter in die Tiefe der Seele einzutauchen, um Gott zu begegnen, der in der Hostie verborgen ist, damit Er von dir Besitz nehmen und bei dir bleiben kann. Wir leben in einer Zeit, die uns dazu verleitet, das Leben nur oberflächlich zu erfassen, und so werden wir blind und taub für das, was in uns und um uns herum geschieht. Das Herz aber hat Sehnsucht nach Frieden und tiefem Empfinden. Es ist geschaffen für das Wort Gottes. Gerade mit dem Herzen sollte man in dieser hektischen Zeit sanft umgehen, damit es ein guter und fruchtbarer Boden für den Samen des göttlichen Wortes werden kann. Nimm dir genügend Zeit, um die Worte und Anrufungen zu wiederholen! Empfinde es nicht als belastend, denn sie geleiten dich in die Sphären des Herzens und der Seele, des Bewusstseins und des Unterbewusstseins, in denen das Wort Gottes Früchte hervorbringen kann.

Gebet = Gespräch mit einem Freund

2. Scheue dich nicht, Jesus alles zu sagen und Ihm dein Leid zu klagen. Nimm dir einfach Zeit, gehe in dich und vertrau dich Ihm an. Du musst keine spezielle Taktik anwenden, aber du musst lernen, mit Ihm zu sprechen und auf Ihn zu hören, damit diese Begegnung im Gebet auch Früchte trägt. Denke daran, dass du mit einem Freund sprichst, der dir gerne zuhört und dich nicht richten oder ablehnen wird.

3. Es wäre keineswegs ratsam, nur um die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse zu beten. Schließe in das Gebet auch deine Mitmenschen ein! Bete auch für jene, die dir Leid zugefügt und in deinem Herzen Zorn und Verbitterung hervorgerufen haben. Durch das Gebet wird deine Liebe zu ihnen wachsen, Versöhnung wird wieder möglich sein, Friede wird einkehren und du wirst ihre Handlungsweise begreifen. Du wirst ein neuer Mensch werden. Durch das Gebet wirst du eins mit Jesus, du wirst Ihn besser verstehen und mehr lieben, und Er wird dir die Kraft geben, eine neue, bessere, humanere und christlichere Beziehung zu deinen Mitmenschen aufzubauen.

Das Gebet in der Gruppe

4. Für das Gruppengebet gelten die gleichen Regeln. Es sollte von einem Menschen geleitet werden, der bereits im Beten geübt ist. Falls auch gesungen wird, so sollten es Lieder sein, die allen bekannt sind. Aus diesem Grund ist es angebracht, vor dem Beten auch ab und zu Lieder zu üben. Am besten eignen sich kurze Fürbitten, die singend wiederholt werden. Voraussetzung für jede Begegnung ist Zeit und Raum, das Gespräch, aber auch Schweigen und Stille. Eile ist beim Beten nicht angebracht! Entscheide dich bewusst für Jesus und schenke Ihm deine Zeit! Hast und Eile beeinträchtigen jede Begegnung, sei es mit Gott oder mit deinen Mitmenschen.

5. Leitet ein Priester das gemeinsame Gebet oder erscheint er zumindest gegen Ende der Gebetsstunde, so wird er normalerweise den eucharistischen Segen erteilen und für die Gesundung von Leib und Seele beten. Betet der Priester still, singen die Gläubigen während dieser Zeit leise ihre Fürbitten. Der Priester kann aber auch selbst nach dem Gebet das Kyrie eleison oder einen entsprechenden Gesang anstimmen. Der Segen kann vom Altar aus erteilt werden, der Priester kann jedoch auch mit dem Allerheiligsten segnend durch die Reihen der leise betenden oder singenden Gläubigen gehen. Diese heilige Handlung muss mit Würde und Bedacht erfolgen, damit die Seele jedes Betenden in das Geheimnis der eucharistischen Gegenwart Christi eintauchen und Ihm begegnen kann, damit Er nach dem Willen des Vaters (wie es für uns am besten ist) unsere Seele und unseren Leib heilen kann.

Die äußere Haltung beeinflusst die innere Haltung

6. Beim Beten spielt auch die Körperhaltung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Normalerweise kniet man beim Beten. Sollte dies jedoch Schmerzen bereiten, kann man auch eine andere Körperhaltung einnehmen, nur muss sie dazu beitragen, dass sich Geist und Seele sammeln können, um für die Begegnung mit Jesus bereit zu sein. Betritt man eine Kirche, in der das Allerheiligste Altarsakrament bereits ausgestellt ist, so kniet man zuerst mit beiden Knien nieder, nimmt anschließend seinen Platz ein und verbleibt dann in der gewählten Haltung. Die äußere Haltung beeinflußt die innere Haltung um Gebet, darum muss jeder Betende darauf achten, dass durch das Knien oder Sitzen seine Atmung nicht beeinträchtigt und seine Wirbelsäule nicht zu sehr belastet wird.

7. Handelt es sich um eine kleinere Gebetsgruppe, so kann man zu Beginn oder am Schluß des Gebets, eventuell auch nach einem, längeren Lied, die Mitglieder der Gebetsgemeinschaft dazu auffordern, ein persönliches Gebet, eine Danksagung, ein Lobgebet oder den Segen zu sprechen. Lange Gebete oder Texte, die fast in Predigten oder Monologe ausarten, sollte man auf jeden Falll vermeiden. Geeignet sind kurze Fürbitten, klar und deutlich ausgesprochen, so dass sie jedermann hören und in seinem Herzen nachklingen lassen kann. Nach jeder dieser Fürbitten sollte man eine Zeitlang in Stille verharren. Die Fürbitten müssen in keinerlei Zusammenhang stehen, können jedoch aneinander anknüpfen. Werden sie, ähnlich einem Blumenstrauß, bei dem Blüte an Blüte gefügt wird, zusammenhängend ausgesprochen, muss dazwischen keine Pause erfolgen. Fürbitten sollen niemals unter Zwang ausgesprochen werden, sondem nur aus freien Stücken, voll Frömmigkeit und Würde, und Wiederholungen sollten möglichst vermieden werden. Alle Gebete können durch entsprechende Lieder untermalt werden.

8. Jedes unserer Gebete muss vom Glauben, der Liebe, der Hoffnung und unserer positiven Erfahrung durchdrungen sein, selbst wenn Angst und Schmerz mitklingen, wenn wir uns bedrängt fühlen, unter Entscheidungszwang stehen oder für die Anliegen anderer beten. Große Gebetsgruppen mit mehr als 50 Mitgliedern sollten von individuellen Gebeten und Fürbitten absehen, denn viele schließen sich von diesem Prozeß aus und unterbinden damit den Fluß des Gebets. Bei allen unseren Äußerungen dürfen wir auch auf den theologischen Inhalt nicht vergessen. Im Zentrum muss Christus stehen, der Glaube an seine Gegenwärtigkeit und unsere Bereitschaft zur Umkehr. Ob wir unsere Anliegen mit eigenen, aus der Tiefe des Herzens kommenden und mit Liebe durchdrungenen Worten formulieren oder Worte der Bibel verwenden, bleibt uns überlassen.

9. Um Wiederholungen zu vermeiden und die notwendige Dynamik zu erhalten, wird es günstig sein, jemanden damit zu betrauen, die Gebetsstunde vorzubereiten und zu leiten. Die Reihenfolge der Gebete und etwaige Abweichungen von der Norm müssen vor dem Beten festgelegt werden, denn spätere Erklärungen würden die Harmonie der Seele stören und Gedanken und Gefühle vom Gebet ablenken. Auch Sesselrücken und andere Geräusche beeinträchtigen die Konzentration und das Gebetsklima.

10. Es wird postitive Auswirkungen haben, wenn sich die Gebetsgruppe von Zeit zu Zeit auch außerhalb der Gebetsstunden trifft, um Erfahrungen auszutauschen, neue Vorschläge zu unterbreiten und aufgetretene Schwierigkeiten zu bereinigen. Gesteht jemand seine Schwierigkeiten ein, so muss man ihm zu helfen versuchen und sein Bekenntnis als Geheimnis hüten. Die Erfahrungen eines Einzelnen können indes auch für die andere förderlich sein. Das ist das eigentliche Zeugnis der göttlichen Liebe. Durch seine Erfahrungen und sein Beispiel kann ein Mensch dem anderen den Weg erhellen und ihm helfen, sowohl sich selbst als auch den anderen besser zu verstehen. Das fördert das gegenseitige Vertrauen und den Gemeinschaftsgeist, und die Liebe kann sich entfalten.

Von Pater Slavko Barbarić.