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Das Phänomen Medjugorje übersteigt den Rahmen unserer Möglichkeiten

P. Miljenko, Sie sind hier im Dienst in Medjugorje und diese Tagen vom Beginn der Novene an bis heute waren sehr  anstrengend. Können Sie uns sagen, wie Sie den Jahrestag gefeiert haben? 

Es ist schwer, in kurzen Worten zu beschreiben, was hier passiert. In diesen Tagen gab es so viel Schönes und die Ereignisse selbst sind von Tag zu Tag mehr ineinander verflochten. Alle diese Erfahrungen sind mit einer großen Freude verbunden, mit Optimismus und Hoffnung auf eine bessere Welt, die sich in so vielen Herzen auftut. Es gibt nichts Schö-neres, als wenn man als Priester Tränen der Reue erlebt, ein schönes Gesicht, ein Gesicht, das weint, aber keinen Krampf und keine Schmerzen hat. Wenn man sieht, dass das nicht ein innerer Schmerz ist, sondern ein Licht, das in das Herz des Menschen gekommen ist. Auch wenn es ein Schmerz ist, dann ist es der  Schmerz darüber, dass man diesen Weg der Gnade, den Weg der Liebe, auf dem uns Maria zu ihrem Sohn Jesus führt und auf dem Er uns alles schenkt, nicht früher erkannt hat.

Gestern Abend, als ich beim Altar war, sah ich die vielen Pilger bei der heiligen Messe und  bei der Anbetung. Fühlen Sie sich schon müde von der Arbeit, die Sie hier verrichten?

Der Mensch verliert das Gespür für die Müdigkeit. Ich blieb gestern abend bei einer Pilgergruppe und wir redeten bis tief in die Nacht hinein und um halb fünf Uhr war ich schon im Beichtstuhl, und ich fühle mich überhaupt nicht müde. Aber ich sehe, dass ich nicht so frisch bin, wie ich es sein könnte, wenn ich genug geschlafen hätte. Es gibt hier etwas, was man an anderen Orten nicht erleben kann, und das ist, dass hier jeder von uns sein Priestertum als völlig erfüllt erlebt. Wir wurden Priester, um dem Weg zu folgen, den uns der Herr hinterlassen hat, und das ist die Hingabe, das Sich-Schenken, und nur so viel, wie man gibt, kann man von neuem empfangen. Da vollzieht sich dieser wunderbare Austausch. Sicher leidet der physische Teil des Körpers und viele Priester und Brüder, die hier waren, sind krank geworden oder bald gestorben. Aber es gibt etwas, das mehr wert ist als alles andere, und das ist das Unbeschreibliche in der Seele drinnen, was der Mensch aus jeder Erfahrung der Gnade hier mitnimmt.

Was suchen die Pilger hier vor allem?

Ich würde sagen, dass die Pilger in erster Linie Gottsucher sind. Sie sind in erster Linie da, um Gott und den Sinn ihres Lebens zu suchen. Es gibt unter ihnen sicher auch Neugierige, die kommen, um zu sehen, was hier geschieht, und die dann von der Gnade getroffen wurden, umkehren und einen neuen Weg einschlagen. Alle diese Pilger sind in der Tat eine gesunde Bevölkerung dieser Welt und der Kirche, die auf dem Weg einer Neuevangelisierung ist, die die Gospa anführt. Wenn man auf uns schauen würde, die wir hier sind, dann würden die Pilger sicher in geringerer Zahl kommen, denn wir dienen keinen Reklamen und haben auch keine besonderen technischen  Hilfsmittel, die sie anziehen würden. Daher können wir sagen, dass hinter allem was hier passiert, Gott und die Gospa stehen. Sie sind diejenigen, welche die Pilger rufen. Es ist also alles ein Geschenk des Himmels, und wir sind nur kleine Leute, die unseren Teil beitragen, dass es irgendwie funktioniert. Und gerade wenn man sieht,
dass es nicht von uns, sondern von der Gnade Gottes, von der Muttergottes, abhängt, ist der Mensch glücklich, weil er im Dienst von etwas ist, das ihn maßlos übersteigt. Und das zwingt uns, demütig, einfach und bescheiden zu sein. Ich glaube, dass uns das auch hier in Medjugorje bewahrt. 

Wie  sehen  Sie  das  Phänomen  Medjugorje, das in unserer Zeit aufgetaucht ist? 

Mit Medjugorje begann etwas völlig Anderes, etwas Unerklärliches. So sehr wir dieses Phänomen auch beschreiben, aufzeichnen, fotografieren wollten, es würde uns nicht gelingen, denn das Phänomen selbst übersteigt alle Rahmen unserer Möglichkeiten. Ich erinnere mich gut an die Zeit, als der Krieg in unsere Region kam. Die Gospa hat auch davor viel über den Frieden gesprochen, aber viele haben es auf unterschiedliche Weise interpretiert. Ich glaube, dass alle Kommentare daneben waren.  Bei diesem  Phänomen gibt es etwas, was geschieht, was ein Mysterium, ein Geheimnis ist, und was das Herz des Menschen stark verändert. Ich persönlich fasse das so auf, dass es einerseits keinen Frieden im Herzen gibt, solange es Sünde gibt und andererseits, dass es keinen Frieden in unseren Herzen gibt, solange neben uns jemand krank und arm ist und unsere Hilfe braucht, und in uns den lebendigen Christus erkennen möchte. Ich sehe das so und ich bin nicht begeistert von großen  Ideen, sondern von konkreten kleinen Wirklichkeiten, denn Gott hat alles, was er sagen wollte, in die einfachsten Formen dieses Lebens gesenkt. Er kam durch die Geburt in Betlehem und hinterließ uns den höchsten Wert in der Eucharistie, wo die Früchte der menschlichen Arbeit, das Brot und der Wein, gegenwärtig sind.

Wie sehen Sie nach 30 Jahren die Pfarre Medjugorje? Wie sehr ist die Pfarre noch immer bereit, dem Ruf der Gospa zu folgen?

Ich denke, dass die Pfarre allgemein mit diesem Phänomen, mit der Gospa lebt. Natürlich gibt es eine Menge Leute, die von auswärts kamen; sie kommen und gehen wieder. Es gibt auch jene, die von den Pilgern etwas nehmen möchten, aber diese gehen schnell wieder von hier weg. Ich runzle die Augenbrauen, wenn solche Leute kommen und sagen, dass sie Medjugorje als Touristenort interessiert und dass sie langfristig Touristen beherbergen möchten. Wenn ich von der Pfarre spreche, dann denke ich, dass es viel mehr und viel Wichtigeres gibt, was man hier hervorheben müsste. Sie wissen, dass es im kanonischen Recht eine territoriale und eine personale Pfarre gibt. Wenn wir Medjugorje als personale Pfarre sehen, dann erstreckt sie sich von hier bis zur Gebetsaktion in Österreich, bis nach Korea, Amerika und Australien. Diese personale Pfarre Medjugorje umfasst also alle Personen, die von Medjugorje gehört und es angenommen haben. Sie alle sind daher nach kanonischem Recht ein Teil dieser Pfarre. 

Bis jetzt haben wir keine offizielle Position der Kirche in Bezug auf das Phänomen Medjugorje. Aber der Vatikan hat voriges Jahr eine internationale Kommission ins Leben gerufen, die sicher ihr Urteil fällen wird. 

Das ist richtig. Auch ich wage es nicht, in dieser Richtung etwas zu überlegen, wie das Urteil der Kommission ausfallen wird. Für mich - und ich denke auch für die anderen Priester-  ist es wichtig, dass die Kommission diese Gnaden, die hier geschehen, gut untersucht und überprüft. Auf jeden Fall wird die Gospa nicht gegen die Kirche sein, denn sie ist die Mutter der Kirche, und genauso wird auch die  Kirche nicht gegen die Gospa sein. Wir sind fest davon überzeugt, dass der Plan Gottes so ist, wie er ist, und  dass die Kirche die Früchte zur rechten Zeit erkennen und ihr Urteil  fällen wird, wie es sein soll. Wir freuen uns, ich möchte einfach das Wort ‚Freude’ sagen, dass der Vatikan alles in seine Hände genommen hat und beobachtet, was hier geschieht. Es ist auch wichtig zu wissen, dass die Tradition der Kirche immer so war, dass jede Nachricht über Erscheinungen nicht sofort die Übernatürlichkeit der Erscheinungen vorausgesetzt hat. Sie müssen bewiesen werden und sie müssen durch die Früchte beobachtet werden. Das ist also nichts Ungewöhnliches, sondern der regelmäßige Weg, den die Kirche geht. Wir sind schlussendlich glücklich, dass es dazu gekommen ist, dass jetzt die höchste Instanz auf diesem Gebiet arbeitet.

Haben Sie irgendwelche Informationen über die letzte Kommission und über ihre Arbeit?

Nein, was die Arbeit der internationalen Kommission betrifft, so ist das einzige, was wir in in ausländischen und unseren Zeitungen lesen, dass sie ihre Arbeit tut und dass sie schon einige Sitzungen hatte. Was aber ihre Beobachtungen betrifft, darüber wissen wir nichts. Die Kommission wurde gegründet und ich wiederhole, dass wir uns freuen, dass sie ihre Arbeit tut, und wir hier unsere Arbeit mit den Pilgern, die in immer größerer Anzahl zu uns kommen, tun.

Was möchten Sie zum Schluss unseren Lesern anlässlich des 30. Jahrestages der Erscheinungen sagen?

Ich bin ein Kind von Gastarbeitern; meine Eltern verbrachten die ganze Zeit bei der Arbeit in Deutschland. Ich reiste viel in der ganzen Welt, aber was mich hier in Medjugorje fasziniert ist die Tatsache, dass es hier überhaupt keine Fremden gibt, denn wir verstehen uns alle, weil wir alle eine Sprache sprechen und das ist die Sprache von Medjugorje, die Sprache der Gospa, die Sprache der Gnade. Alle Simultanübersetzungen sind nur eine Hilfe für das, was hier zwischen unseren Herzen schon existiert. Die Kirche ist eine universale Gemeinschaft und sehen Sie, genau diese Dimension der Universalität ist hier in Medjugorje sichtbar und sie zeigt  sich hier. Zum Schluss möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Sie wahrscheinlich in Medjugorje waren, zumindest ein Großteil von ihnen, von hier aus, vor der Kirche in Medjugorje, am heutigen 30. Jahrestag der Erscheinungen von Herzen grüßen. Ich möchte Ihnen auch sagen, dass ich Sie, während ich das sage, erlebe, als wäre ich bei Ihnen und als wären Sie bei mir. Deshalb möchte  ich, dass Sie sich, wenn Sie nach Medjugorje kommen, wie zu Hause fühlen, und es würde mir sehr leid tun, wenn Sie nicht spüren könnten, dass Sie hier zu Hause sind.

Quellenangaben: www.medjugorje.de/files/downloads/Zeitschriften/Gebetsaktion/2011_Ausgabe_102.pdf