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Aus den Anfängen

Ausschnitte aus dem Buch «Begegnungen mit Pater Zozo Zovko», das die Gebetsaktion Wien herausgegeben hat.

Einige Monate später, um den 20. Juni 1981, sind Sie wiederum in Zagreb, um Einkehrtage zu halten.
Die Einkehrtage enden am 24. Juni und Sie fahren nach Medjugorje zurück.

Nein. An diesem Tag bleibe ich in Zagreb wegen einer Zusammenkunft der Arbeitsgruppen, die den Katechismusunterricht organisieren.

Da fragt man mich, ob es ein anderes Medjugorje als das gibt, wo ich wohne, denn man hat soeben erfahren, dass in diesem Dorf die Post, ein Geschäft und das kleine elektrische Kraftwerk vom Blitz getroff en wurden...Ich verstehe nun, warum ich Medjugorje nicht per Telefon erreichen konnte… Dann habe ich in der Zeitung in einem winzigen Artikel gelesen, dass die Apotheke und die Post abgebrannt waren.

Der Blitz hat am 24. Juni eingeschlagen?

Am 24. Juni hat man mir gesagt, dass ich die Zeitung lesen solle, eine ganz kleine Info über vier oder fünf Zeilen; ich habe angenommen, dass der Blitz am Tag zuvor eingeschlagen hatte…

Ich dachte daran, am 25. nach Medjugorje zurückzufahren, aber ich bin in Posušje wegen der Verspätung des Flugzeugs, das mich von Zagreb nach Split brachte, festgesessen. Deshalb hatte ich als ich mit dem Bus in Posušje angekommen bin, zwei Stunden Verspätung, und mein Kaplan, Pater Zrinko, der auf mich hätte warten sollen, um mich ins Krankenhaus von Mostar zu bringen, wo ich meine kranke Mutter besuchen wollte, hat geglaubt, dass ich an diesem Tag nicht ankommen würde. Ich habe im Pfarrhaus von Posušje geschlafen und Pater Viktor hat mich nach Mostar gebracht. Das war am Freitag, dem 26. Juni.

Vor dem Krankenhaus treffe ich Draga Ivanković mit dem Arm in der Schlinge. Sie sieht mich und beginnt zu schreien: «Aber wo warst du? Du bist nicht da und die Muttergottes erscheint!» Später im Auto erzähle ich Pater Viktor den Vorfall und sage: «Diese Frau ist auf den Kopf gefallen und man gibt ihren Arm in die Schlinge!» Ich bin in Medjugorje am Freitag, dem 26. Juni, angekommen, genau zu Mittag.

Und dort die totale Verrücktheit?

Ja! Alle Pfarrangehörigen standen vor dem Pfarrhaus... Ich fragte sie, was los sei. Die Frauen sagten zu mir: «Sechs Kinder!»– «Aber woher kommen sie?» – «Aus Bijakovići» – «Das sind die Kinder von wem?» – «Keine Ahnung!» Sie antworteten nervös. Alles war verworren.Ich spürte, dass sie Angst hatten,aber wovor? «Was macht die Polizei? » – «Aber ich habe keine Ahnung.» « Wo ist Pater Zrinko?» – «Er ist zum Fleischhauer gegangen.»

Obwohl ich zu verstehen versuchte, was mir die Pfarrangehörigen erzählten, dachte ich für mich, dass die Kommunisten die Kinder manipuliert hätten, um den Glauben lächerlich zu machen. Und ich sagte mir: «Du verlässt deine Pfarrei gerade einen kurzen Augenblick, und schon spielen dir diese scheusslichen Kommunisten einen üblen Streich.» Sie wollten die Kirche lächerlich machen, um meine Arbeit und alles andere zu disqualifizieren, denn ich wusste sehr wohl, dass sie gerade wegen meiner Arbeit und meiner Ergebnisse verlangt hatten, dass ich von Posušje versetzt werde. Ich dachte, sie hätten den Kindern Drogen oder so etwas Ähnliches gegeben.

Also, ich war gerade dabei, die Stiegen des Pfarrhauses hinaufzusteigen und fragte mich, wie ich darauf kommen könnte, wer dieses Gerücht verbreitete, als die Kinder aus einem Kleinbus ausstiegen. Sie hüpften um mich herum, umarmten mich, fragten mich: «Aber wo warst du?» Sie waren sehr fröhlich, voller Schwung, lächelten. Sie glichen Frühlingsblumen; diese Freude hättest du sehen müssen, diese Begeisterung!

Ich sagte zu ihnen: «Und jetzt muss ich mit jedem von euch getrennt sprechen.» Sie haben das freudig angenommen. Als sie mich begrüsst hatten, stellten sie sich vor und ich hatte verstanden, dass eines der jungen Mädchen aus Sarajevo war; ich hatte mir gesagt: «Jetzt haben wir es! Das kommt aus der Stadt!» Dann hatte ich erfahren, dass ein anderes der Mädchen lvanka war, die Tochter einer jungen Frau, deren Beisetzung ich im Mai durchführte. Auf Blütenstaub allergisch hatte sie eine durch die unglaubliche Blüte der Weinreben hervorgerufene Asthmakrise nicht überlebt. Während dem Begräbnis hatte ich ein grosses Leid verspürt, ein unbeschreibliches Leiden. Ich hatte mit dem Leid dieser Kinder, die untröstlich waren, mitgefühlt. Wir hatten alle geweint, wir waren alle unglaublich traurig.

Mirjana ist als Erste eingetreten. Sie war voll Freude. Ich habe sie gefragt, warum sie da sei, wo sie doch aus Sarajevo komme. Sie hat mir geantwortet, dass ihr Vater in Sarajevo arbeite und dass sie aus Medjugorje sei. Ich habe sie gefragt, ob sie in die Kirche gehe, ob sie bete und ob sie von der Möglichkeit gehört hätte, dass die Muttergottes erscheint? Sie hatte niemals von Erscheinungen gehört. Ich habe sie gefragt, ob sie in den Katechismusunterricht gehe, ob sie zum Herrn bete und wie. Ich wollte wissen, ob sie fromm ist und aus welcher Art von Familie sie kommt. Sie sprach von allem auf sehr normale Weise. Ich spürte, dass ich mit einer jungen, intelligenten und sehr real denkenden Frau sprach. Als wir zu der Erfahrung kamen, die sie erlebt hatte, war sie unnachgiebig. Sie machte nicht den Eindruck das zu erfinden, was sie sagte, und dennoch habe ich mehr als eine Stunde mit ihr diskutiert. Ich war überrascht zu erfahren, dass sie weder von Lourdes noch von Fatima gehört hatte, und ich habe ihr ein ins Kroatische übersetzte Buch geborgt, damit sie es lese. Später habe ich es bedauert, ihr dieses Buch gegeben zu haben, denn ich sagte mir, dass es sie ermutigen würde, bei ihren Erklärungen zu bleiben.

Dachten Sie immer noch, dass sie lügen?

Ja, ja, ich dachte es. Dann habe ich lvanka gebeten einzutreten. Ich hatte vor mir ein junges Mädchen, das einige Wochen vorher in das Grab seiner Mutter springen wollte. Ich hatte noch dieses so starke Bild im Kopf, diese schmerzliche Trennung von ihrer Mutter, und deshalb habe ich sofort damit begonnen, von ihr zu sprechen. Ich habe sie gefragt: «lvanka, hast du die Muttergottes um Nachrichten von deiner Mutter gebeten? » – «Ja, ich habe sie gebeten, mir meine Mutter zu zeigen.» – «Hat sie sie dir gezeigt?» – «Nein.» – «Und dann?» – «Sie hat mir versprochen, sie mir zu zeigen.» – «Wann?» ... Und sie beginnt, mir von dem zu erzählen, was sie gesehen hat. Ich habe mir gedacht: «Du siehst wohl, dieses Mädchen hat so eine Sehnsucht, ihre Mutter, die sie so sehr liebte, wieder zu sehen, dass ihre Einbildungskraft Visionen geschaffen hat und dass sie sich davon überzeugt hat, dass sie jemanden gesehen hat, den sie die Muttergottes genannt hat. Dann ist es ihr gelungen, die anderen zu überzeugen und alle sagen jetzt, dass sie die Muttergottes gesehen haben.» Ich hatte den Eindruck, dass ich die Antwort auf das Phänomen gefunden hatte. Zumindest habe ich versucht, mich davon zu überzeugen...

Dann habe ich Vicka befragt. Während das Gespräch mit lvanka mühsam gewesen war und ich sehr vorsichtig mit ihr reden musste, um sie nicht weiter zu verletzen, habe ich verstanden, dass ich es bei Vicka mit einem jungen fröhlichen, glücklichen, sehr offenen und sehr geschwätzigen Mädchen zu tun hatte: Ihr Mund ging über von ihrer Erfahrung...
Ich habe ihr dieselben Fragen gestellt wie den anderen, aber sie wich sehr schnell denen aus, die ihre Familie, das Gebet betrafen; sie kam unermüdlich auf den Podbrdo zu sprechen, den Erscheinungsberg; sie wiederholte mir das, was sie gesehen hatte, was sie gesagt hatte. Unaufhörlich kam sie auf diese Begegnung zu sprechen. Ich habe versucht, mit ihr vom Begräbnis der Mama von lvanka zu sprechen, aber sie antwortete schnell darauf, indem sie einige Worte sagte und mich auf den Podbrdo führte, vor die Muttergottes. Sie hat mich dennoch nicht überzeugt; sie konnten manipuliert gewesen sein, man hatte ihnen irgend welche Drogen gegeben... Ich wollte bis ans Ende dieses Verhörs gehen.

lvan war an der Reihe. Mein Gott! ... Ich stelle ihm eine Frage und er antwortet mühselig mit einem «Ja» oder einem «Nein».
Dieser Junge schien sich nicht mit einem ganzen Satz ausdrücken zu können. Was das Zeugnis geben anbelangt, fragte ich mich: «Mein Gott, kann dieser Bursche wenigstens sprechen?»

lvan war also ein zurückhaltender junger Mann...

Ärger als das! Er sagte nichts! Ich sprach mit ihm, und er antwortete nichts. Wenn du ein Bild möchtest, ich würde sagen, dass ich ihm gegenüber, der vollkommen stumm war, dummerweise Staub rund um uns aufwirbelte, ich lief auf meinem Weg und er verlor sich in der Ferne oder besser gesagt, ich verlor ihn vollkommen aus den Augen! Ich fing nur «ja» und «nein» auf. Diese Begegnung hat mich recht enttäuscht. Eine Frage ging mir jedoch nicht aus dem Kopf: Wie war es möglich, diese Kinder zu manipulieren, von denen einige Schwierigkeiten hatten, auch nur ein Wort zu sagen? Und da ist Jakov eingetreten, mutig und offen.

Der jüngste Bub...

Der Jüngste. Aus seinen Augen leuchteten tausend Feuer. Wenn du das hättest sehen können! Er beschreibt mir mit Schwung alles, was er gesehen hat, und ich höre ihm aus ganzem Herzen zu. Ich hinderte ihn nicht daran, mich zu überzeugen Aber natürlich ist es keinem von ihnen gelungen. Ich liess sie sprechen, ohne meine Meinung oder meine Eindrücke zu sagen. Ich wollte sie nur aufnehmen, damit ich später wieder aufmerksam die Tonbänder hören könnte. Ich hatte die Nacht vor mir. Ich wollte alle diese Ereignisse entwirren, verstehen, was mit den Kindern geschah, entdecken, was sich in ihnen abspielte, alles das mir selbst erklären.

Dann habe ich Marija gesehen. Ein ziemlich zurückhaltendes und ängstliches Wesen, aber offen. Es war schon spät, es wurde schon Nacht, als ich sie nach Hause gehen liess. Ich habe sie gebeten, wieder zu mir zu kommen, wenn sie die Muttergottes wieder gesehen hätte.

Pater Jozo, wollten Sie nicht auf den Erscheinungsberg gehen?

Nein, dieses Bedürfnis hatte ich nicht. Ich wollte die grösstmögliche Distanz halten, damit mich nichts beeinflusse, damit ich mein Urteil alleine fällen konnte. Ich fürchtete, dass diese so begeisterten Leute unter dem Einfluss von irgendjemandem oder etwas anderem standen, dass sie manipuliert seien... Alles schien so unglaublich... Ich wollte realistisch sein, ich wollte vorsichtig sein. Ich dachte, dass das meine Verantwortung sei. Die Leute verbrachten ihre Zeit damit, mich nach meiner Meinung zu fragen: «Und du als Pfarrer, was meinst du?»

Am Sonntag, dem 28. Juni, habe ich zwei Messen gelesen; die Kinder waren da. ln meiner Predigt habe ich ihnen gesagt: «Ja, es stimmt, Gott kann sich dem Menschen offenbaren und er hat sich gezeigt. Die Muttergottes kann erscheinen und sie ist erschienen. Aber wir brauchen das nicht, denn wir haben die Eucharistie, die Bibel, die Kirche. Jesus ist hier anwesend! Wir sind schwache Geschöpfe und man kann uns leicht manipulieren. Wir müssen sehr vorsichtig sein. Die Zeit, in der wir leben, ist sehr anspruchsvoll und wir müssen viel zum Herrn beten.» Ich habe sie zu einem grossen Gebet eingeladen, das wir am Montag, dem Fest der heiligen Peter und Paul beginnen würden.

Waren an diesem Sonntag viel mehr Leute als gewöhnlich da?

Was heisst viel mehr? Du hättest sie nicht zählen können! Es müssen Tausende gewesen sein! Pater Zrinko musste draussen bleiben, so viele Leute waren da! Ganz Mostar, ganz Ljubuski, ganz Siroki Brijeg, die ganze Herzegowina war da. Es waren auch Menschen aus Split, aus Makarska da, Leute, die von der Küste kamen. Alle hatten von den Erscheinungen gehört. Alle sprachen von Zeichen, niemand suchte Gott. Sie suchten Zeichen, nur Zeichen, Zeichen, Zeichen. Und dieser Satz Jesu ist mir in den Sinn gekommen: «Wenn dann jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias! oder: Seht, dort ist er!, so glaubt es nicht!» Und ich habe gesagt: «Jesus, ich glaube nicht an diese Geschichten. Du hast uns gesagt, nicht zu glauben, so glaube ich nicht.» Ich habe eine mutige Stellung gegenüber dieser neugierigen Menge eingenommen, die nichts als Zeichen gesucht hat... Sie gehen auf den Hügel Podbrdo, dann steigen sie in ihr Auto ein und kehren nach Hause zurück und die Kirche, die den ganzen Tag offen steht, die Kirche bleibt leer... Verstehst du: niemand ist an diesem Nachmittag in die Kirche hineingegangen! Niemand hat nur daran gedacht: Ich werde in die Kirche gehen, um zu beten. Niemand! Niemand!

Das tat mir so weh... Ich sah diese Leute an und sagte mir, dass, wenn sie wirklich den Herrn suchten, nur den Herrn und keine Zeichen, dass sie dann in die Kirche zurückgekommen wären, sich niedergekniet und gebetet hätten. Aber nein. Nichts... Und so ist es mir gelungen, mich von der Begründetheit meiner Gedanken zu überzeugen. (Pater Jozo lacht aus ganzem Herzen!)

Am Sonntagnachmittag ist ein vom Bischof gesandter Priester gekommen, um mir zu sagen: «Der Bischof möchte wissen, was hier passiert.» Schlecht gelaunt habe ich ihm geantwortet: «Wie? Was hier passiert? Ist das nicht sein Bistum? Soll er doch selber schauen kommen!» Und am Montag habe ich eine Erklärung geschrieben, die wir anstelle des Kommentars zum Evangelium gelesen haben. Ich bat um grosse Vorsicht, ich erinnerte daran, dass die Offenbarung gegeben wurde und dass sie beendet sei, dass das, was passierte, privater Natur sei und dass man sehr vorsichtig sein müsse, dass wir beten müssten. Ich habe eine Kopie dieser Erklärung dem Priester übergeben, den der Bischof geschickt hatte, der mir einen Termin für Dienstag in Čitluk gegeben hat. Bei dieser Gelegenheit habe ich ihm gesagt, was ich von den Ereignissen halte. Er hat mir geantwortet: «So hat sich das in Lourdes zugetragen; ich kenne Lourdes, ich habe eine Pilgerfahrt dorthin gemacht. Kommen Sie morgen mit den Kindern. » Ich habe die Kinder gebracht, die er alle gemeinsam in sein Büro hineingeführt hat. Er hat sie befragt und mit einem kleinen Tonbandgerät eine Stunde und fünfzehn Minuten lang aufgenommen. Als ich aus dem Büro hinausging, hielt er das Tonbandgerät in seiner Hand. Er hat zu mir gesagt: «Ich bin hundert Prozent sicher, dass es die Muttergottes ist, die diesen Kindern erscheint. Ich bin dessen noch sicherer als bei Fatima und Lourdes. Ich werde über dieses Thema predigen.»

Und tatsächlich hat der Bischof gepredigt und er wird noch bei den Firmungen in Medjugorje predigen. Er wird sagen, dass die Kinder nicht lügen, dass man beten muss, dass man auf den Ruf der Muttergottes antworten muss... Ich stand unter Schock. Was geschah mit dem Bischof? Wie konnte er sich so sicher sein? Wie konnte er sehen, was ich nicht sah? Worauf gründete er seine Überzeugungen? ...

Ich habe ihn gefragt: «Bitte, sagen Sie mir, worauf Sie sich stützen? Was haben Sie entdeckt, das ich nicht sehe? Ich bitte Sie, tun Sie das nicht! Wie können Sie so sicher sein? Vielleicht sind das die Kommunisten?» Er wollte nichts hören. Er hat mir streng geantwortet: «Was willst du mehr? Willst auch du die Muttergottes sehen? Willst du das?» Ich musste aufgeben. Ich habe mich zurückgezogen. Er hatte sehr streng zu mir gesprochen.

Und der Bischof hat für die katholische Zeitung Glas Koncila eine Erklärung geschrieben, denn die Zeitungen begannen zu schreiben, dass das von der Kirche erfundene Geschichten seien, dass der Bischof selbst alles organisiert hätte... Wenn du wüsstest, was die Zeitungen alles geschrieben haben!

Ausschnitte aus dem Buch «Begegnungen mit Pater Zozo Zovko», das die Gebetsaktion Wien herausgegeben hat.