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Die Ereignisse von Medjugorje sind ernst zu nehmen

von Prof. Henri Joyeux

Ich interessiere mich leidenschaftlich für alles Menschliche und, wie auch viele meiner Kollegen die Wissenschaftler sind, möchte ich es begreifen. Insbesondere möchte ich das Geheimnisvolle begreifen, das, was wir noch nicht verstehen. Von den Ereignissen in Medugorje habe ich zufällig erfahren, als ich 1984 Pater Rene Laurentin einlud, einen Vortrag in Montpellier zu halten. Man sagte mir, dass sein Besuch und sein Vortrag zum Thema "Erscheinungen in Medugorje" mehr als 1 000 Menschen anziehen würden. Und so war es auch.
Pater Laurentin ließ mich wissen, dass er wissenschaftliche Untersuchungen veranlassen will, um auf die möglichst seriöse und rigorose Art und Weise zu erforschen, was bei den jungen Sehern im damaligen Jugoslawien passiert. Ich fragte ihn, welchen Typ von Wissenschaftlern er denn suche. Er antwortete, er suche nach unparteiischen Personen, die grundsätzlich weder dafür noch dagegen wären, mit einem Wort, offene Wissenschaftler, die nicht allergisch gegen sog. "außerordentliche" Phänomene wären. Einige Kollegen und ich persönlich sahen uns als solche. Meine persönliche Einstellung zu solchen Phänomenen war eher negativ, da ich ein sehr misstrauischer Mensch bin. Einige Monate zuvor hatte ich für einen kirchlichen Amtsträger einen kurzen, sehr negativen Bericht über eine vermeintliche Seherin geschrieben, die behauptete, unmittelbare Kontakte mit der Muttergottes zu haben ... Ich benötigte etwas Zeit, um den Schwindel als solchen klar zu erkennen, und berichtete darüber in einem vertraulichen Bericht an den örtlichen Bischof des Bistums, in dem diese Person lebte. Ich war also für diese Art Mission vorbereitet und, ehrlich gesagt, dachte ich vor meiner Reise, dass wir auch in Medugorje einen Schwindel aufdecken würden.

Ich umgab mich natürlich von anerkannten Fachärzten, um ein solides Untersuchungsprotokoll verfassen zu können. Es waren da ein Professor für Neurologie, der sich auf die Erforschung der Elektroströme im Gehirn spezialisiert hatte, ein Augenarzt, ein Ohrenarzt und zwei Allgemeinmediziner, einer davon wissenschaftlicher Forscher. Die Einzelheiten dieser wissenschaftlichen Untersuchungen, deren Koordinator ich war, veröffentlichten wir gemeinsam mit Pater Rene Laurentin im Buch "Etudes mediceles et scientifiques des apparitions de Medugorje". Seit 1986 wurde das Buch in mehrere Sprachen übersetzt, und zehn Jahre später erlebte es seine zweite unveränderte Ausgabe.

Wir waren uns dessen bewusst, dass ich mich wegen solcher Forschungsarbeit der Kritik meiner Kollegen aussetzen würde. An Kritik mangelte es tatsächlich nicht, die gibt es auch heute noch, insbesondere deswegen, weil wir zum Schluss gekommen sind, dass das, was in Medugorje geschah und immer noch geschieht, in der Tat ernst ist. Hätten wir einen Schwindel aufgedeckt, hätte man uns gelobt, glaube ich. Wir wollten eigentlich weder Anerkennung noch Kritik ernten. Die Medien waren freundlicher, vor allem die französische Wochenzeitung Paris Match, die die Ergebnisse der von uns durchgeführten Tests wortgetreu wiedergab. Es handelt sich um wissenschaftliche Untersuchungen. Obwohl die Untersuchungsergebnisse nicht leicht auszuwerten sind, denn wir wollen nicht beweisen, dass "die Muttergottes in Medugorje erscheint", sind sie jedoch überaus interessant, da sie einen Beweis dafür liefern, dass die Seher nicht krank sind und nicht träumen, dass ihr Gehirn sehr gut funktioniert und dass die Seher vollkommen normal sind und in der modernen Welt voll integriert. Schließlich sind sie alle jetzt verheiratet und haben eigene Kinder. Sie leben in der realen, und nicht in der virtuellen Welt. Sie sind gesund, sowohl körperlich als auch mental, was entscheidend ist. Und sie treiben keinen Spaß mit Menschen, die in Scharen nach Medugorje kommen. Dieser Ort strahlt Spiritualität, Frieden und Ruhe aus, die ich noch nie und nirgendwo zuvor gespürt habe. In Medugorje fühlt man sich wohl. Sogar die eingefleischten Nichtgläubigen, die, alleine oder mit ihren Familien, nach Medugorje kamen, kehrten tief betroffen, gar erschüttert von diesem Ort an der Grenze zwischen dem Osten und dem Westen nach Hause zurück.

Als wir 1985 ankamen, ließen wir unsere Geräte in der Sakristei liegen. Von dem Pfarrer und seinen Mitarbeitern erhielten wir die erforderliche Zustimmung. Wir hatten grünes Licht für die Aufstellung unserer großen Aufnahme- bzw. Aufzeichnungsgeräte, ließen aber außer Acht, dass uns der Pfarrer gesagt hatte: "Die Seher sind frei, sich den Untersuchungen zu unterziehen oder diese abzulehnen". Und wir hatten gedacht, dass sie auf den Pfarrer hören würden, was naiv und falsch war. Das war unser großer Fehler. Trotzdem waren wir zuversichtlich. Wir wussten, dass wir eine ehrenhafte, wissenschaftliche Arbeit vorhaben, und gingen nicht davon aus, abgelehnt zu werden. Wäre das passiert, wäre das Ergebnis gewesen: "Ablehnung der wissenschaftlichen Untersuchungen - vermutlich aus Angst vor der Wissenschaft - Verdacht auf Schwindel". Das war mein erster Gedanke im Moment, als die Seher unsere Geräte zu Gesicht bekamen und die Untersuchungen ablehnten. Sie kennen uns nicht, wir kommen zu ihnen und zwingen ihnen unsere Wissenschaft auf ...
Den Verantwortlichen in der Pfarrei Medjugorje, die versuchten, sie dazu zu überreden und einzuwilligen, war die ganze Sache sehr peinlich. Wir hatten 2400 km zurückgelegt und werden jetzt abgelehnt mit Worten, sie seien keine Versuchskaninchen. Wir würden mit einem mulmigen Gefühl gehen und einen negativen Bericht schreiben, dachten sie. Das passte mir auch, da ich einige Monate zuvor auf die gleiche Reaktion einer Schwindlerin in Lourdes gestoßen war. Ich war daher ziemlich zufrieden. Konfrontiert mit unserer hartnäckigen Beharrlichkeit, die Einwilligung der Seher zu erhalten, die genauso hartnäckig bei ihrer Ablehnung blieben, fand der Jüngste von ihnen, Jakov, eine Lösung, die auch mir gut passte. Er sagte "Wir werden die Muttergottes fragen". Ich dachte mir: "Aha, sie haben eine perfekte Ausrede gefunden, die Tests zu vermeiden ... Sie werden uns sagen, die Muttergottes wolle es nicht, und alles ist erledigt. Unser Bericht wird negativ sein."
Dem Phänomen der Ekstase konnten wir selbst beiwohnen. Als die Ekstase vorbei war, standen die Seher auf, und einige von ihnen sagten zum Pfarrer: "Wir haben die Muttergottes gefragt und sie hat gesagt: ,Kinder, gut, dass ihr gefragt habt. Tut es'. Sie wollten eine Erlaubnis haben und erhielten grünes Licht. Wir erhielten grünes Licht für unsere Tests, aber nicht von den Sehern, sondern von der erscheinenden Person. Unglaublich! Von jenem Moment an sah ich, dass sich diese Jugendlichen, die zuvor unsere wissenschaftlichen Untersuchungen hartnäckig abgelehnt hatten, total verwandelten. Wie kleine Schafe ließen sie alles zu, was wir von ihnen haben wollten. Ich war tief beeindruckt, hatte den Eindruck, wir können alles von ihnen verlangen, da sie grünes Licht von der Muttergottes erhalten hatten. In keinem Augenblick konnten wir die Person, von der sie behaupten, dass sie sie sehen und hören, auch selbst sehen oder hören. Wir konnten nur die Empfänger dieses außerordentlichen Phänomens untersuchen.
Wir konnten eine Vielzahl von diesen außerordentlichen Phänomenen, die wir "Erscheinung", "Ekstase" nennen, aufnehmen. Einige Personen analysierten in allen Einzelheiten all diese Phänomene und konnten bei den Sehern während der Ekstase bestimmte Überschneidungen feststellen. Wir suchten nach Schwindel, indem wir hunderte Male diese Phänomene mit Kamera oder anderen Mitteln aufnahmen bzw. aufzeichneten. Unser Team, wie auch später ein österreichisches und ein italienisches Team, führte auch gründliche psychologische Tests durch. Wir kamen alle zum Schluss, dass alle Seher sowohl körperlich als auch mental sowie, was ihr persönliches, soziales und familiäres Umfeld anbelangt, vollkommen gesund waren. Man kann sagen, dass ihre Gesundheit im Allgemeinen über dem französischen Durchschnitt liegt. Die "Seher" sind schlichte Gemüter, einfach im Umgang. Mit der Zeit haben sie Fremdsprachen gelernt und können sich in Englisch, Deutsch, Italienisch und zum Teil auch in Französisch, verständigen. Die Untersuchungen waren ihnen damals nicht leicht gefallen.

Das Team im Jahr 2005 war kleiner. Eine große Unterstützung gewährte mir Dr. Philippe Loron, ein Neurologe mit internationalem Ruf, der im großen Krankenhaus Salpetriere in Paris tätig ist. Er brachte hochwertige, ultramoderne Ausrüstung mit. Uns begleiteten weitere vier Personen, zwei Männer und zwei Frauen, die zum ersten Mal nach Medugorje kamen. Sie betrachteten alles mit neuen Augen und sehr kritisch. Einer von ihnen war Spezialist für Aufnahmen von Gehirn und Atmungsorganen. Wir machten Aufnahmen und Aufzeichnungen und testeten zwei Seher, Marija und Ivan, am 25. Juni 2005, und zwar vor, während und nach der Ekstase. Unsere Geräte waren viel moderner als jene, die wir 1984 nach Jugoslawien geschmuggelt und benutzt hatten. Zwanzig Jahre später war das Ergebnis gleich. Wir hatten uns nicht geirrt. Unser wissenschaftliches Ergebnis ist klar und eindeutig. Das, was in Medugorje geschieht, ist ernst. Es ist ernst zu nehmen. Es ist jedoch nicht an der Wissenschaft, egal wie entwickelt sie sein mag, zu sagen, zu bestätigen oder zu bestreiten, dass "die Muttergottes in Medjugorje erscheint". Ich glaube, das wird wissenschaftlich, auch nicht mit Hilfe von mondernsten Untersuchungen, nie nachgewiesen werden können. Das sollen die kirchlichen Autoritäten sagen. Die Kirche hat seit 1981 die Ereignisse in Medjugorje nicht verurteilt. Sie hat sie zugelassen, was ansonsten nicht der Fall ist, wenn die Phänomene nicht ernst sind. Warum hat die Kirche noch nicht Stellung bezogen? Einfach deshalb, weil die Phänomene andauern.
Abschließend möchte ich hinzufügen, dass ich es nicht verwunderlich finden würde, wenn die Kirche erst wenn alles abgeschlossen ist, sich positiv zu diesen Phänomenen äußern würde, die schließlich in der heutigen, von so großen Problemen geplagten Welt ziemlich überraschende Früchte bringen.
Die Früchte sind einfach, es sind Frieden und Ruhe, die auch die größten Ungläubigen und Agnostiker tief erleben können. Es lohnt sich, Medjugorje zu besuchen, alleine oder mit Familie. Ich war hier zwanzig Mal und komme bestimmt wieder. Medugorje ist kein kleines Dorf mehr. Dank seinen Bewohnern hat sich der Ort neu organisiert, bleibt aber nach wie vor anmutig. 1984 und 1985 lernte ich Angst vor den kommunistischen Machthabern kennen, die Gläubige und Seher verfolgten, und später auch Angst vor Schüssen und Bomben. Zum Glück gehört das alles der Vergangenheit.

Ich bin persönlich überzeugt, dass in Medjugorje wichtige Dinge geschehen. Viele konnte ich dazu bewegen, Medugorje zu besuchen: Gesunde und Kranke, Ungläubige und Gläubige, äußerst skeptische Ordensbrüder, Wissenschaftler und Nicht-Wissenschaftler, Weg suchende Jugendliche, schwer Drogensüchtige ...
Zurück daheim, waren sie durch diesen Ort und seine Atmosphäre tief berührt. Viele sprachen davon und zeugten, die anderen behielten die Gaben für sich, in der Verborgenheit ihres Herzens. Ich kann aber allen bestätigen: Geht, ihr werdet nicht enttäuscht sein, euer Herz wird euch danken, und eure Nächsten werden es spüren.
Abschließend darf ich anmerken, dass ich nicht überrascht wäre, wenn die kirchlichen Autoritäten die Erscheinungen in Medugorje anerkennen würden. Die Kirche und nur sie wird ihr Urteil fällen. Vertrauen wir ihr.

Übersetzt von Lidija Paris-Brajsa, Medjugorje

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