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Gebetsgruppen sind wie Magnete...

Anfang September 2003 besuchte der Wiener Weihbischof P. Dr. Ludwig Schwarz gemeinsam mit P. Hermann Raich, dem aus Österreich stammenden Missionsbischof von Wabag, Papua Neu Guinea, den Wallfahrtsort Medjugorje. Die Gemeinschaft OASE des Friedens sprach mit Bischof Schwarz über die Eindrücke seiner Reise, den Missionsauftrag der Kirche und darüber, was Medjugorje im Hinblick auf die Evangelisation für unsere Zeit bedeuten kann.

Interview

– mit Weihbischof P. Dr. Ludwig Schwarz

Die Mission hat im Allgemeinen die Aufgabe, das Evangelium den Menschen nahe zu bringen, und Volksmission bedeutete in unserem Raum immer Erneuerung im christlichen Leben. Die Stadtmission von Wien ging aber heuer im Mai eigene Wege, neue Wege. Sie wollte nicht einfach nur kirchlich durch Predigt, Vorträge und Sakramentenspendung die Menschen zur Erneuerung einladen, sondern sie wollte überhaupt viele Menschen in dieser großen Stadt erreichen, die Christus nicht kennen, die Christus eben finden sollten. Darum wurden nicht nur religiöse Angebote gemacht, sondern auch ein Missionskongress mit Vorträgen und Referaten verschiedener Art, damit Menschen durch diesen Kongress, bei dem sich Tausende aus dem Ausland angemeldet hatten, Christus näher kommen konnten. Insgesamt haben 150 000 Leute an dieser Stadtmission und am Missionskongress teilgenommen, sodass die Menschen mit Christus wieder in Kontakt kamen und neue Impulse für ihr religiöses Leben durch diese Stadtmission erhalten haben.

Anlässlich meiner Reise nach Kroatien und Bosnien-Herzegowina dachte ich mir, du hast schon so vieles in diesen letzten zwei Jahrzehnten über Medjugorje gehört. Jetzt ist die Gelegenheit günstig, machen wir auch einen Besuch an diesem Ort. Und so war ich zum ersten Mal in Medjugorje. Ich muss zurückschauend sagen, dass ich von der religiösen Atmosphäre beeindruckt war, die in diesem Dorf, wo die Muttergottes täglich erscheinen soll, herrscht.
Ich habe dort wirklich eine Atmosphäre des Friedens, der Freude, der Herzlichkeit zueinander vorgefunden, die man kaum an anderen Orten in dieser Form erlebt.
Außerdem sah ich den religiösen Eifer vieler Menschen, die aus allen Kontinenten dorthin wallfahrten. Wie viele haben die Sakramente empfangen, Eucharistie gefeiert, sind zur Kommunion gegangen! Ich selber durfte in diesen zwei Tagen auch stundenlang das Sakrament der Buße spenden, vor allem auf Italienisch, weil es aus Italien viele Pilger gab, die von keinem Priester begleitet worden waren. Ich denke, auch wenn die Kirche noch kein anerkennendes Urteil über Medjugorje abgegeben hat, so kann man doch sagen, dass man, wie es Christus auch betont, den Baum an den guten Früchten erkennt. Ich durfte in diesen wenigen Tagen, an denen ich dort war, wirklich sehen, welch gute Früchte gedeihen.

Ja, ich glaube, Medjugorje ist ein Ort, wo intensiv um christliche Berufe gebetet wird und wo eben Jugendliche, Männer und Frauen, die vom Herrn berufen werden, gerade dort ihre Berufung entdecken können. Denn von dort gehen Impulse aus, die den Menschen wandeln und bewusster als bisher in seinem Leben eine Orientierung erkennen lassen. Und wenn Christus sagt: „Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige. Bittet darum den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte!“, so habe ich gesehen, dass gerade dort in diesem Anliegen gebetet wird, dass dort auch Seminaristen und andere junge Menschen zusammenkommen und eine Hilfe bekommen, um diesen Weg der engeren Nachfolge Christi als Priester und Ordensleute zu gehen.

Ich denke, dass uns Jesus Christus vom Kreuze herab, gleichsam testamentarisch, seine Mutter geschenkt hat, als er zu Johannes sagte: „Siehe da, deine Mutter!“ und zu ihr: „Frau, siehe da, dein Sohn!“ So wurde Maria unsere Mutter auf dieser Ebene der Erlösung, auf dieser religiösen Ebene unserer Pilgerschaft hin zur ewigen Heimat; und ich denke weiter, dass die Gottesmutter diesen Auftrag ihres Sohnes ernst nimmt, und sie wirklich als Mutter der Erlösten, als Mutter der Kirche, immer wieder bei Gott für uns eintritt. In ihrer mütterlichen Liebe sind gewiss auch andere Möglichkeiten vorhanden, um eben Menschen Botschaften zu bringen, um eben richtungsweisend dort zu wirken, wo man in die Irre zu gehen droht, um Mut zu machen, um das religiöse Leben zu vertiefen. Wir kennen ja andere Gnadenorte der Gottesmutter, z.B. La Salette, Lourdes oder Fatima. Genauso könnte - das ist aber dem kirchlichen Urteil unterstellt - Medjugorje so ein Gnadenort der Gottesmutter sein, wo sie den Menschen in ihren gewaltigen Nöten und Schwierigkeiten hilft, wo sie die Richtung weist und wo sie die Menschen eben begleitet.
Bei keiner anderen Erscheinung hat die Gottesmutter durch so lange Zeit hindurch Menschen begleitet wie hier in Medjugorje. Ich meine, das kann auch ein Bild dafür sein, dass sie überhaupt alle Erlösten, alle Getauften, auf ihrem ganzen Lebensweg begleitet, bis wir unsere Erfüllung in Gott finden.

Ja, ich glaube schon, dass gerade im Hinblick auf die Mission die Gottesmutter eine wichtige Rolle spielt, denn die Anliegen ihres göttlichen Sohnes sind auch ihre Anliegen, und Christus will ja, dass allen Menschen die Frohe Botschaft verkündet wird. „Geht hinaus, lehret alle Völker und taufet sie! Macht alle Menschen zu meinen Jüngern!“ Und darum wird von der Kirche die Gottesmutter angerufen als Regina Missionis, als Königin der Mission, und Paul VI. nennt sie in seinem Rundschreiben „Evangelii nuntiandi“ Stella evangelisationis. Maria ist der Stern der Evangelisierung, der Stern der Verkündigung, und sie geht allen voran, die sich sowohl hier in der Heimat bei der Neuevangelisierung, wie auch in den anderen Ländern, wo Christus noch nicht bekannt ist, bei der Erstevangelisierung bemühen.

Ja, ich glaube, diesen Aufruf sollten wirklich alle hören. Wir leben ja gerade hier in Europa und auch darüber hinaus in einer Zeit des Materialismus, der Säkularisierung. Gott wird immer mehr an den Rand geschoben. Er ist nicht mehr bedeutsam und entscheidend im Alltagsleben. Ich glaube, dass hier dieser Aufruf der Gottesmutter sehr wichtig ist, dass die Menschen sich wieder auf Gott hin besinnen, dass Gott wieder die Mitte ihres Lebens wird - dann haben sie eine echte Orientierungschance, dann werden sie auch glücklich, dann sind sie zufrieden, und sie jagen nicht mehr dem falschen Glück nach, wie es in der materialistischen und so hedonistischen Umgebung, in der wir oft leben, leider oft der Fall ist.

Ja, ich möchte ein Wort der Ermutigung geben, dass sie in diesem Sinne weitermachen, denn was sie tun, ist ja zutiefst im Evangelium begründet. Christus sagt ja: „Betet ohne Unterlass!“ Und gerade in diesen Gebetsgruppen wird ja sehr bewusst dieser Dialog mit Gott, mit Jesus Christus und mit den Heiligen geführt. Von daher können wir wirklich eine Fülle von Gnaden für uns, aber auch für alle anderen Menschen erflehen, denn die Gottesmutter ruft alle in ihre Nähe, nicht nur jene, die sie bereits kennen, sondern auch die anderen, die noch feme stehen. Und da, glaube ich, sind diese Gebetsgruppen wie Magnete, die dann Gottes Kraft und Gnade auch bewirken können, damit andere Menschen angezogen und zu Christus hingeführt werden, der ja sagt : „Ich bin das Licht der Welt! Wer mir nachfolgt, der wandelt nicht in Finsternis.“
Herr Weihbischof, herzlichen Dank für das Gespräch.

Quelle: OASE des Friedens, Oktober 2003.

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