Neues Herz im neuen Jahr


- von Marinko Sakola, aus Glas Mira -

Am Jahresende blicken wir nicht nur zurück, sondern auch nach vorn und schmieden Pläne, wie wir Dinge angehen und gestalten möchten. Neben den notwendigen Vorhaben haben wir vielleicht versäumt, ein wichtiges Programm zu berücksichtigen: die Arbeit am eigenen Herzen. Gerade für Christen ist dieser innere Weg unverzichtbar. Falls das bisher auf der Strecke geblieben ist, nehmen wir uns fest vor, die Arbeit am Herzen ab jetzt in unser Familienprogramm für das kommende Jahr einzubinden.

„Herz“ ist ein Begriff, der den ganzen Menschen bezeichnet, es ist das Zentrum all seiner körperlichen, seelischen und geistlichen Kräfte. Das Herz ist die Wurzel des menschlichen Wesens, aus dem der Verstand kommt, das Gefühl und der Wille. In unserem Herzen beschließen wir über uns und unser Tun. In diesem Sinn spricht auch das Alte und das Neue Testament vom Herzen. In ihm sind die Wurzeln des Glaubens, des Gewissens und der menschlichen Entschlüsse. Das menschliche Herz ist der Raum, an den Gott klopft, durch das er spricht und durch das sich der Mensch bekehrt. Aus dem menschlichen Herzen sollte auch die Antwort an Gott kommen.

Um welche Arbeit am Herzen geht es?

Das Herz ist die Quelle des Guten, aber ebenso kann es Quelle des Bösen sein. Das menschliche Schicksal entscheidet sich in seinem Herzen. Von ihm hängt unser Denken ab, unsere Sicht auf den Menschen, auf die Welt und auf unsere Worte und Werke. Dieser kurze Hinweis auf den Begriff „Herz“ kann uns vielleicht der Frage etwas näher bringen, die wir stellen: Warum ist das menschliche Herz so wichtig und warum sollte die Arbeit daran unsere Hauptaufgabe im neuen Jahr sein?

Ich stelle mir vor, dass wir alle die Erfahrung gemacht haben, dass wir nicht „bei uns selbst“ sind, wenn wir zerstreut sind,
„nervös“, gestresst, wenn wir unüberlegt handeln, wenn wir wochenlang und monatelang keine Zeit zum Beten haben, für einen Gang zur Kirche, für die Beichte, wenn wir fluchen... Danach sagen wir gewöhnlich, dass wir noch immer in Ordnung sind, dass das nur Zufall wäre. Solche und ähnliche Beispiele: Wenn sie auch äußerlich sind, so verbirgt sich hinter ihnen doch das Innere, sichtbarer Ausdruck dessen, was verborgen ist, unser Herz. Deswegen sollten wir auf unser äußeres Tun schauen, darüber nachdenken. Ein Lästerer, dem – wie man so sagt – ein Fluch herausgekommen ist, befindet sich schon auf dem Weg, sein Inneres mit Fluchen zu infizieren. Er versteht es schwer, dass es sich schon um eine Geisteshaltung in ihm handelt, d.h. der Fluch ist in seinem Herzen entstanden und beim Sprechen fährt er im gegebenen Moment aus dem Herzen heraus. Der Mensch oder die Familie, die am Sonntag nicht regelmäßig zur Messe geht, und in der man nicht betet, sei es einzeln oder gemeinsam, müsste begreifen, dass das ein Zeichen ihrer Geisteshaltung ist, dass sie sich in ihrem Inneren von Gott entfernt haben, dass Gott nicht mehr in ihren Herzen wohnt, bzw. dass er nur am Rand ihres Lebens ist.

Wahrscheinlich kennen wir Streit mit anderen Menschen oder negatives Denken über sie. Warum kam es dazu? Gewöhnlich behaupten wir, dass die anderen schuld sind, dass wir Recht haben, dass die anderen nichts taugen und wir gut sind. Der andere ist dieser oder jener. Wir werden uns selbst rechtfertigen und so werden wir uns fühlen, solange wir nicht in unser Herz hineinschauen und sehen, was sich hinter diesem Streit verbirgt, hinter der negativen Sicht auf andere. Warum ist der andere so, wie wir ihn sehen? Vielleicht hat er eine negative Eigenschaft, aber warum sind wir mit ihm in Streit gekommen oder warum lehnen wir ihn nur wegen dieses einen, negativen Zuges ab? Um zur vollen Wahrheit zu kommen, ist es nötig, sich zu fragen: Vielleicht deshalb, weil in meinem Herzen nicht alles so ist, wie es sein sollte, weil in ihm Finsternis ist, weil wir egoistisch sind, neidisch, eifersüchtig, stolz, geizig, weil wir in unseren Herzen keine Liebe haben – um so mehr, weil wir in ihm Hass auf den anderen haben? Das menschliche Auge ist nämlich viel mehr als ein körperliches Organ. „Das Auge ist einfach der Mensch ... die Wurzeln des Auges liegen im Herzen ... Das Auge sieht aus dem Herzen.“ (R. Guardini) Damit das Auge sehen kann, richtig sehen, muss es lieben.

Ein neues Herz

Die Königin des Friedens lädt uns unermüdlich ein, uns ihrem Herzen zu nähern. Sie möchte, dass wir auf ihren Wegen gehen, dass wir ihrem Beispiel folgen. Sie hat alles ich ihrem Herzen bewahrt, erinnern wir uns nur an das Geschehen im Tempel. Maria betrachtet sich selbst wie im Spiegel. Sie betrachtete auch ihr Herz. Sie beseitigte alles, was ihren reinen Blick auf Gott und den Menschen trüben wollte. Deshalb lädt sie uns ein, dass wir erkennen, welche Gesetze in uns herrschen, welcher Geist, was unsere Taten steuert und dass wir aus unseren Herzen jeden Geist vertreiben, der den Geist Gottes, den Geist der Liebe, des Friedens und der Versöhnung an seinem Wirken hindert.

Ein neues Herz seinem Volk zu geben, hat Gott durch den Propheten Ezechiel versprochen (Ez 36). Er möchte das auch uns geben. Das bestätigt uns die Königin des Friedens so oft. Möge dieses neue Herz unser Hauptziel und unsere Aufgabe im neuen Jahr werden: Ein Herz, in dem der Geist der Liebe regiert und der Geist des Friedens. Mögen uns die Worte des Hl. Bonaventura noch ein Ansporn sein: „Öffne die Augen, öffne die Ohren deines Geistes, öffne deinen Mund und erhebe dein Herz, dass es sieht, versteht, dankt, liebt, anbetet und seinen Gott ehrt, feiert und verherrlicht, in allen Dingen, wenn du nicht willst, dass sich das ganze Weltall gegen dich erhebt.“

Möge dieses neue Herz unser Hauptziel und unsere Aufgabe im neuen Jahr werden!