Mit Maria „JA“ sagen


„Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele.“ In dieser „Herzenserhebung“ ist eigentlich schon fast alles ausgedrückt, worum es im Advent geht: sich in der Stille zu bereiten, sich aus dem alltäglichen Trott aufrichten lassen und sich so erwartungsvoll zu dem zu erheben, der als menschgewordener Gottessohn gekommen ist, der als allgegenwärtiger Heilsbringer neu bei einem jeden von uns ankommen will und der dann am Ende der Zeiten als gerechter und „verwundeter“ Weltenrichter wiederkommen wird.

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!

Aus unseren alltäglichen Begegnungen wissen wir jedoch, dass man nur dort wirklich ankommen kann, wo einem aufgemacht wird. Nur allzu verständlich ist somit der adventliche Liedruf „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit.“ Dies ist immer wieder bleibender Auftrag an uns, und doch ist „Tür und Tor“ in einem Moment der Geschichte unumkehrbar und unverschließbar geöffnet worden, nämlich durch das schlichte Jawort der Magd des Herrn. In eindringlichen Worten bringt der hl. Bernhard die Dramatik des „großen Menschheitsadvents“ auf den Punkt: „Der Engel erwartet deine Antwort, denn es ist Zeit, zu dem zurückzukehren, der ihn gesandt hat ... O Herrin, antworte das Wort, das die Erde, das die Hölle, ja, das die Himmel erwarten. Wie der König und Herr aller nach deiner Schönheit verlangte, so sehr ersehnt er deine zustimmende Antwort ... Steh auf, eile, öffne! Steh auf durch den Glauben, eile durch deine Hingabe, öffne durch deine Zustimmung!“ (In laudibus Virginis Matris)

Maria vertraute darauf, dass für Gott alles möglich ist

Maria begegnet uns somit im Lukasevangelium als die große adventliche Gestalt, durch deren bereites Ja dem Gottessohn eine Wohnung unter uns, ja in uns eröffnet wurde. Maria erwartet und bereitet Sein Kommen in zweifacher Weise: Zunächst in der Verkündigungsszene, wo sich in ihr die Erwartung des „heiligen Restes Israels“ nach dem Kommen des Messias verdichtet. Sie muss bereits in einer besonderen Vertrautheit mit dem kommenden Gottund Seinen Engeln gelebt haben, dass sie sich gar nicht so sehr aufgrund der Präsenz des Engels, als vielmehr aufgrund seiner Worte: „Sei gegrüßt, du Begnadete“ erschrak. Ihr bedingungsloses Jawort zum Plan Gottes und ihr Vertrauen, dass für Gott wirklich alles möglich ist, kommt im genauen Wortlaut ihrer Frage zum Ausdruck: Es heißt dabei nicht „Wie soll das geschehen“, was für uns ein verborgenes Misstrauen beinhalten könnte, sondern „wie wird das geschehen“, was ihre freie Zustimmung gegenüber dem souveränen Handeln Gottes erkennen lässt.

Ein solches Jawort ist freilich nicht ihre menschliche Leistung, sondern in seinem Wesen ist eine Gnade, die wie jede Gnade von Gott stammt. Vielleicht kann das oft nicht so unmittelbar verstandene „Dogma der unbefleckten Empfängnis Mariens“ gerade vor diesem Hintergrund verstandenwerden als das gnadenhafte Freisein vom leisesten Widerspruch gegenüber Gottes Heilsplan für die Menschheit.

Maria möchte uns an ihrem Jawort Anteil geben

Durch dieses reine und uneingeschränkte Jawort bleibt Maria verfügbar, auch über die Kindheit Jesu hinaus. Er formt sie weiter und bildet sie zur „ersten Jüngerin“, „zur Schmerzensmutter“, die fortan jedem menschlichen Schmerz verbunden ist und zur Mutter, ja sogar dem leuchtenden Urbild der Kirche. Dies ist also die zweite Weise, in der Maria ein „weiteres“ Kommen Jesu Christi, erwartet und somit bereitet: Sein Kommen und Wirken in der Kirche, deren Geburt sie gemeinsam mit den Jüngern am Pfingstfest herbeibetete. Was hat das nun mit uns, mit unserem Christ- und Kirchesein zu tun, so wird sich mancher vielleicht fragen? Zunächst sicher das: Wer in der Nähe Mariens lebt, wer sie verehrt, wer sich in diesem Advent von ihr inspirieren lässt, der wird in das „Kraftfeld ihres Jaworts“ hineingenommen und so für die kleineren alltäglichen, aber auch die größeren Anfragen Gottes, vor allem auch für das Ja zur Berufung zum gottgeweihten Leben oder zur Treue in Ehe und Familie, gestärkt. An ihrem bedingungslosen Jawort hält sie nicht egoistisch fest, sondern möchte ihren Kindern als sorgende Mutter daran Anteil geben, damit auch sie fähig werden, „Gottes Wort an sich geschehen“ zu lassen, damit reiche Frucht daraus hervorgehe. Durch unser Ja, durch die von Gott geschenkte und von uns gelebte Offenheit auf Sein Kommen können so vielleicht auch wir für solche, die zaghaft an Christus glauben, „die Tür des Glaubens offen halten“ und für die, die Gott mit lauterem Herzen suchen, durch Wort und Tat das Türchen zu Jesus Christus, der uns in Bethlehem als Retter geboren ist, öffnen. Damit würden wir wohl in adventlicher Weise das „Jahr des Glaubens“ leben ...