Wir waren eine ganz normale Familie
vorn Hermann Bauer
Wir waren eine ganz „normale“ Familie mit zwei Söhnen aus einem kleinen Dorf in Niederösterreich. Wir merkten es gar nicht, wie sich unser jüngerer Sohn Thomas veränderte. Erst nach ständigen Kündigungen in seinem Beruf und Unfällen mit seinen Autos wurde uns bewusst in welche Schwierigkeiten und Kreise er geraten war. Wir konnten es vorerst gar nicht glauben; so etwas gibt es ja nur im Film, und schon gar nicht in unserem Dorf. Wenn wir ihn darauf ansprachen, wich er unseren Fragen immer aus und sagte: „Es ist alles in Ordnung. Ich habe alles im Griff.“
Er jobbte damals in Wien und hatte dort auch eine kleine Wohnung, die er mit seiner Freundin teilte. Immer mehr geriet er in die Drogenabhängigkeit und musste auch seinen Führerschein abgeben. Als er dann wegen Geldmangel und Schulden wieder nach Hause kam, waren Streit und Vorwürfe an der Tagesordnung. Die ganze Familie litt sehr darunter. Auch wussten wir nicht mit dieser Situation umzugehen. Wir waren hilflos und furchtbar enttäuscht. Schlimm war auch diese Machtlosigkeit.
Einmal konnte ich ihn vom Bahnhof nicht abholen und wir vereinbarten den Treffpunkt bei seiner Oma. Diese erkannte unser großes Problem und unsere Verbitterung. Sie sagte mir: „Dieser arme Junge, ich bete für ihn“. Sie drückte mir eine Audiokassette in die Hand, die sie vor langer Zeit aus Medjugorie mitnahm, und die ich mir anhören solle.
Hilft es nicht, so schadet es nicht, dachte ich mir, und nahm sie mit. Ich steckte die Kassette in die alte Stereoanlage und hörte dieses Band von Beginn bis zum Ende. Ich war fasziniert von dieser „Klosterschwester“, die da von Drogenproblemen und von Heilung durch das Gebet sprach.
Sofort suchte ich im Internet dieses „Cenacolo“ und fuhr mit meinem Sohn zum ersten Vorgespräch nach Wien. Bei der Hinfahrt saß er noch ganz verschlafen und durch den Drogenrausch teilnahmslos neben mir. Es war ja erst 9.00 Uhr Vormittag, für ihn also kurz nach Mitternacht.
In Wien traf ich Eltern mit ihren ebenfalls abhängigen Kindern, und auch solche, deren Kinder bereits einige Zeit in der Gemeinschaft lebten. Von ihnen erfuhr ich, was dieses „Cenacolo“ ist und wie ich mich meinem Sohn gegenüber verhalten muss. Vor allem erfuhr ich Trost und Verständnis und auch die Aussicht dass unser Leben wieder ganz normal verlaufen kann.
Bei der Heimfahrt saß mein Sohn wiederum ganz schweigsam neben mir. Er sagte nur ein paar Worte die mir heute noch genau in Erinnerung sind und die mir bestätigten, dass wirklich nur mehr das Gebet hilft. Diese lauteten: „Nächste Woche nehmen wir die Mama mit zum Vorgespräch“. Voller Hoffnung und mit Tränen in den Augen fuhr ich mit ihm schweigend nach Hause.
Nach einigen Vorgesprächen und mit der Frage von Georg. „Auf was willst du noch warten?“ hatte er sich entschlossen, in die Gemeinschaft einzutreten.
Mit Unterstützung seines Bruders machte er dann zu Hause den Entzug, wofür wir unserem älteren Sohn Marcus sehr dankbar sind.
Nun befindet sich unser Sohn schon 2 1/2 Jahre in der Gemeinschaft, in der er bereits selbst als Schutzengel anderen Burschen hilft, ihre Probleme und Schwierigkeiten bei Gebet und Arbeit zu bewältigen. Und wir sind stolz auf unsere Söhne.
Mir wurde klar; es sind nicht die beruflichen Erfolge und Anerkennungen, auf die man Stolz sein muss.
Auch meine Frau und ich haben uns verändert. Wir wissen nun, dass solche Wunder nur im Glauben und im Gebet entstehen können. Es gibt kaum noch Streit. Auch können wir wieder von Herzen lachen und wie damals von den Eltern in den Vorgesprächen angekündigt, wieder ein „normales Leben“ führen.
Und dieses „normale Leben“ wird von nun an mit Glauben und Gebet begleitet. Wir wollen mit unserem Sohn den nun eingeschlagenen Weg mitgehen.
Meine Mutter sagte mir immer, dass sie sich schon so viel erbetet hat, ich habe das oft belächelt. Uns wurde jedoch gezeigt, und wir sind fest davon überzeugt, dass nicht nur oft der letzte Ausweg das Gebet ist, sondern das Gebet der Weg ist ein „normales Leben“ zu führen.
Quellennachweis: www.cenacolo.at