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Die Begegnungen mit der Muttergottes erfüllen mein Leben

Interview der www.gebetsaktion.at/ mit Ivan Dragicevic.

Ivan, in den letzten Tagen feierten wir in Medjugorje den 19. Jahrestag der Erscheinungen. Es waren dies sehr anstrengende Tage besonders für Euch Seher. Wie hast Du selbst den Jahrestag inmitten tausender Pilger, die nach Medjugorje gekommen sind, erlebt?

Es war wirklich ziemlich anstrengend und ich hatte viele Verpflichtungen. Ich hatte, so wie auch die anderen Seher, viele Begegnungen mit verschiedenen Pilgergruppen aus der ganzen Welt. Wir versuchen ihre Wünsche und Anliegen zu erfüllen. Das heißt, wir legen von dem, was die Muttergottes von uns wünscht, Zeugnis ab. Außerdem versuchen wir die Inhalte der Botschaften, welche uns die Muttergottes überbringt, den Pilgern näherzubringen, so daß sie all die Geschehnisse hier besser verstehen können. Es ist wichtig, daß diejenigen, die das erste Mal nach Medjugorje kommen, den wahren Kern dessen erfahren, wozu uns die Muttergottes all die Jahre einlädt. Ihr seid selbst in dem großen Vortragssaal anwesend gewesen, wo ich zu verschiedenen Gruppen gesprochen habe. Ich versuchte die Hauptbotschaften ein wenig zu erklären. 19 Jahre tägliche Erscheinungen sind schwer in einer halben Stunde in Worte zu fassen, und es ist schwierig den Menschen in aller Kürze das zu vermitteln, wozu uns die Muttergottes in ihren Botschaften schon 19 Jahre lang einlädt. In diesen Tagen hatte ich vor allem Begegnungen mit Kranken und mit Priestern, die während der Erscheinung in der Kapelle zugegen waren. Es hat mir leid getan, daß sie am 24. und 25. Juni nicht während der Erscheinung dabei sein konnten, da sie sich schon längere Zeit vorher für die Eucharistiefeier am Abend vorbereiten mußten. Die Begegnung mit den Menschen ist immer aufs neue eine besondere Erfahrung, ein Erlebnis, vor allem, wenn ich mich mit kleinen Gruppen treffe, denn da besteht die Möglichkeit, daß sie mir Fragen stellen, die ich gern zu beantworten versuche. In dem großen Vortragssaal, wo wir unser Zeugnis ablegen, gibt es dazu aufgrund der großen Anzahl von Pilgern leider keine Möglichkeit. Kurz gesagt, es waren sehr schöne, aber auch sehr anstrengende Tage, gerade auch wegen der großen Hitze, die zur Zeit hier vorherrscht.

Am Freitag, den 23. Juni, hattest Du mit Deiner Gebetsgruppe eine Erscheinung auf dem Podbrdo. Es war für mich das erste Mal, daß ich teilnehmen konnte. Eure Gebete und Lieder haben mir außerordentlich gut gefallen. Auf den Podbrdo waren so viele Menschen gekommen, daß es fast unmöglich war auf diesem steinigen Boden einen Platz zum Stehen zu finden. Viele sind aus diesem Grund am Fuße des Berges geblieben. Kannst Du uns dieses Treffen mit der Muttergottes beschreiben?
Am 4.Juli 2000 feiern wir den 18. Jahrestag der Gründung unserer Gebetsgruppe. Ich muß sagen, dies ist eine Gebetsgruppe, die auf Initiative all meiner Freunde entstanden ist. Wir treffen uns zwei Mal wöchentlich und zwar am Montag und Freitag. Die Gebetsgruppe bedeutet mir heute sehr viel und sie gibt uns allen die notwendige Kraft, damit wir unseren Alltag gut meistern können. Im Gebet fällt es uns auch leichter, die Botschaften der Muttergottes leben. Am Freitag war ein wunderschöner Gebetsabend. Dies war eine Nacht der Kerzen, des Lichtes, eine Nacht des Gebetes und der Lieder - eine vollkommene Vorbereitung für den Jahrestag! Die Begegnung mit der Muttergottes war wunderschön, vor allem, weil sie so froh gestimmt war. Ihre Freude war auch deshalb so groß, weil so viele Menschen mit uns gebetet haben. Sie kam zu uns und betete über uns alle. Sie hat uns alle gesegnet. Ich hatte ihr alle Menschen, die anwesend waren, anempfohlen. Die Muttergottes hat uns aufgerufen, in diesen Tagen besonders für die Bekehrung der Sünder zu beten. Ich betete mit ihr das Vaterunser und Ehre sei dem Vater und sprach mit ihr noch über einige persönliche Dinge. Sie hat mich an einige Gebetstreffen erinnert, die vor zehn, zwölf Jahren an diesem Tag stattgefunden haben. Ich glaube, daß alle Menschen, die an diesem Abend mit uns anwesend waren, dieses große Erlebnis mit nach Hause nehmen werden. Für diese Begegnung mit der Muttergottes bereiten wir uns immer mit dem Rosenkranzgebet und dem Gesang von Liedern vor. Die Erscheinung fand um halb elf abends statt. Bevor die Muttergottes erscheint, sehe ich ein Licht, danach kommt sie. Wenn sie wieder geht, geht sie im Zeichen des strahlenden Kreuzes mit dem Aufruf: "Geht in Frieden, meine lieben Kinder!"


Ich war während der Erscheinung am 24. Juni 2000 anwesend. Kannst Du uns etwas über diese Begegnung am Jahrestag erzählen?

Der 24. Juni ist ein besonderer Tag, an dem sehr viele Emotionen geweckt werden. Der erste Tag, 1981, war für uns ein Tag des Zweifelns. Wir fragten uns, kann uns wirklich die Muttergottes erscheinen? Wir waren damals weit von ihr entfernt, wir sahen sie von der Straße aus oben auf dem Berg aus einer Entfernung, die sicher mehr als 200 Meter Luftlinie betrug. Verwirrt liefen wir nach Hause. Es gingen uns sehr viele Fragen durch den Kopf. Ich hätte nie zu träumen gewagt, daß sich so etwas ereignen könnte. Bei der Begegnung am Jahrestag erinnerte uns die Muttergottes wieder, wie es damals war, als wir sie nicht erkannt haben. Es ist gut, daß sie uns erinnert, denn vieles hätten wir sonst vergessen. Die Begegnung heuer am Jahrestag war eine sehr emotionelle Begegnung. Ich bin, glaube ich, ein sehr emotioneller Mensch, und eine Erscheinung an einem so besonderen Tag wühlt mich sehr auf. Bei dieser Begegnung am Jahrestag gab uns die Muttergottes keine besondere Botschaft. Doch was die Muttergottes mit uns gesprochen hat, betraf ausschließlich die ersten Tage der Erscheinungen.

In Deinen Gesprächen mit Pilgern erwähnst Du immer wieder die Tatsache, warum gerade Du als Seher ausgewählt worden bist?

Ja, oft wenn ich mit den Pilgern spreche, ihnen mein Zeugnis geben und ihnen die Botschaften der Muttergottes näher bringen will, sage ich: Ich weiß nicht, warum gerade ich ausgewählt wurde. Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe bis zu meinem 16. Lebensjahr nicht im Traum daran gedacht, daß die Muttergottes gerade mir erscheinen könnte. Eine besondere Frömmigkeit der Muttergottes gegenüber hatte ich nie gehabt. Die ersten Erscheinungen waren für mich eine große Überraschung. Und es wurde mir bewußt, daß ich hier in Medjugorje bin und nicht weglaufen kann. Es gab keinen Ausweg: Da ich nicht schon am ersten oder spätestens am zweiten Tag geflüchtet bin, bemerkte ich, daß es am dritten Tag schon ziemlich schwierig war. Zu Beginn dachte ich, daß diese Begegnungen mit der Muttergottes nur für mich persönlich sind. Als aber immer mehr Menschen kamen, fragte ich mich, was das alles soll, was hier geschieht, warum sich so viele Menschen dafür interessieren? Ich fragte mich deshalb, weil ich nie zuvor von anderen Erscheinungsorten wie Lourdes oder Fatima gehört hatte, auch nicht, daß Tausende dorthin pilgern. Ich hatte am Anfang wirklich geglaubt, daß diese Erscheinung hier in Medjugorje für mich allein ist. Erst später erkannte ich, worum es sich hier eigentlich handelt und ich bekam einen tieferen Einblick. Ich sage den Menschen, die mich besuchen, sehr oft, bitte betrachtet mich nicht als einen Heiligen oder einen Mann, der vollkommen ist, denn das bin ich nicht! Ich bemühe mich, täglich besser zu werden, dies ist ein sehnlicher Wunsch, der in mein Herz eingepflanzt ist. Auch wenn ich täglich die Gnade habe, die Muttergottes zu sehen, ist es noch lange nicht gleichbedeutend damit, daß ich mich über Nacht ganz bekehrt und verändert habe. Dies ist ein Prozeß, ein Programm in meinem Leben. Oft habe ich in diesen 19 Jahren gedacht, wenn die Muttergottes allen Menschen erscheinen würde, dann würden alle glauben und alles wäre so einfach und ich habe mich gefragt, warum es nicht so ist, aber ich bleibe ohne Antwort. Den Menschen versuche ich zu sagen, daß wir froh sein sollen, daß die Muttergottes mit uns ist, daß sie uns führen möchte und daß sie uns wie eine Mutter helfen möchte. Die Muttergottes erinnert uns an unsere Fehler und möchte uns zu ihrem Sohn führen. Für alle jene, die die Muttergottes nicht sehen können, steht in der Heiligen Schrift: "Selig sind, die nicht sehen, und doch glauben."

In Deinem Leben hat sich sehr viel verändert. Du hast den Weg des Familienlebens gewählt. Wie erlebst Du Deine Familie und was kannst Du anderen Familien mitgeben?

Ich wählte das Sakrament der Ehe. Viele Pilger und auch viele Priester fragen oft, warum wir Seher nicht ins Kloster gegangen sind. "Sie haben doch die große Gnade als Seher, warum haben sie sich nicht für das Sakrament der Priesterweihe entschieden oder sind Mönch geworden?" Die Muttergottes hat jedem die Freiheit gegeben, und so auch uns Sehern. Wir haben in dieser Freiheit und gemeinsam mit ihr - in vielen Gesprächen, Begegnungen und Ratschlägen - diesen Weg gewählt. Durch mein persönliches Gebet bekam ich die Antwort, wie mein Lebensweg sein soll. Die Familie ist etwas Heiliges. Ich versuche in meiner Familie das zu erfüllen, wozu uns die Muttergottes aufruft. Sehr oft interpretieren die Menschen auf eine andere Art und Weise unseren Lebensweg, zu dem wir uns jeder auf seine persönliche Art und Weise entschieden haben. Ich für mich persönlich kann sagen, daß ich meine Berufung vollkommen, bewußt und verantwortungsvoll ausführe. Ich betone besonders verantwortungsvoll. Es ist oft nicht leicht, aber wir versuchen durch das Familiengebet und das Leben des Evangeliums in der Familie auf dem Weg zu sein, zu dem uns die Muttergottes immer wieder aufruft. Die Muttergottes lädt uns hier schon 19 Jahre ein - und es ist nichts Neues, was sie sagt, denn das steht alles schon im Evangelium: Die Botschaft des Friedens, der Umkehr, des Gebetes, die Botschaft der Buße und des Fastens. Sie will uns all diese Botschaften näher bringen und erklären, damit wir sie besser verstehen und leben können. Ich fühle mich in meiner Ehe, in meiner Familie sehr glücklich und bin froh, daß ich diesen Weg gewählt habe und daß ich auch auf diese Art ein Zeuge, ein Instrument in Gottes Händen sein kann.

Jeden Tag hast Du eine Erscheinung der Muttergottes. Während der Zeit der Begegnung mit der Muttergottes fühlst Du dich wie im Himmel, doch danach befindest Du Dich wieder in der Realität, die so ganz anders ist.... Ist dieser Unterschied nicht manchmal schmerzlich für Dich?
Da gebe ich Dir völlig recht. Dieser Unterschied ist nicht leicht für mich. Wenn diese Situation ein Jahr dauern würde, gut, aber es geschieht schon 19 Jahre. Für mich war es vor allem in den Jahren des Krieges hier bei uns am schwierigsten, täglich die Muttergottes zu sehen und dann wieder in diese triste Realität zurückzukehren. Du begegnest der Muttergottes, die traurig ist, die mit dir betet, damit dieser fürchterliche Krieg aufhört. Auf der anderen Seite siehst du Jugendliche, die in der Welt herumirren, Familien ohne gemeinsames Gebet. Du begegnest der Muttergottes, die für die Priester betet, für die Bischöfe und den Papst, der leidet und der besondere Hilfe braucht. Diese Begegnungen sind einfach sehr schwer und wenn ich wieder in die Realität zurückkomme, dann tut es mir besonders weh, daß dies alles hier in dieser Welt geschieht. Ich betrachte unsere Pfarre, in die so viele Pilger aus aller Welt kommen und ich frage mich, ist die Muttergottes zufrieden? Und wieder frage ich mich, warum muß es so viele Probleme in der Kirche geben, auch rund um den Bischof und ich frage mich, warum könnte das nicht alles anders sein? Siehst du, das sind die Dinge, die wir Seher sehen und durchleben. Auf der anderen Seite muß ich aber betonen, daß es sicherlich viel mehr schöne Begegnungen mit der Muttergottes gibt, wie etwa die Begegnung am Jahrestag, als die traurigen, über die ich vorher gesprochen haben.
Danke für das Interview!

Quellennachweis: www.gebetsaktion.at/ - 3. Quartal 2000