„Meine Arbeit ist mein Dankeschön an Gott!”
Vikica Dodig ist seit 22 Jahren als Pilgerleiterin für die deutschsprachigen Pilger in Medjugorje tätig. In einem Interview lässt sie uns an ihrer Geschichte und ihrem unglaublichen Wissen über Medjugorje teilhaben.
Vikica, du bist seit vielen Jahren in Medjugorje als Pilgerleiterin für die deutschsprachigen Gruppen tätig. Wie kam es dazu?
Meine Eltern sind gebürtig von Medjugorje und ich wurde in Sarajewo geboren. Allerdings bin ich mehr oder weniger in Deutschland aufgewachsen, da mich meine Eltern schon als Baby dorthin mitgenommen haben. In der Zwischenzeit waren wir immer wieder hier in Medjugorje, aber meine Schulzeit habe ich zum größten Teil in Deutschland verbracht. Seit 1987 habe ich dann, meist über den Sommer, als Pilgerleiterin in Medjugorje gearbeitet und auf die Bitte von Pater Slavko hin, habe ich auch begonnen, die Seminare zu übersetzen. Im Winter war ich wieder in Deutschland. Gott sei Dank habe ich einen Beruf - Hotelfachfrau - erlernt, indem das möglich war. Allerdings habe ich meinen Beruf das letzte Jahr nicht mehr ausgeübt, weil mich Medjugorje so gefesselt hatte. Also kam ich hierher als Pilgerleitung. Die erste Prüfung für Pilgerleiter wurde 1989 von P. Slavko Barbaric organisiert. Ich habe sie bestanden und seitdem bin ich auch Mitglied im Verein der Pilgerleiter der Pfarrei Medjugorje.
Wie war es für dich, als du zum ersten Mal von den Erscheinungen in Medjugorje erfahren hast?
An dem Tag, als wir es erfahren haben, war ich in Deutschland. Unsere Großmutter hat angerufen, sie war sehr aufgeregt und erzählte ganz euphorisch: "Die Muttergottes erscheint!" Man wusste zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, wer von den Kindern Erscheinungen hat. Am 3. Tag hat meine Oma nochmals mit uns telefoniert und erzählt, dass Vicka Erscheinungen haben soll. Das war für mich sehr unglaubwürdig, denn ich kannte Vicka schon vor den Erscheinungen. Ich erinnere mich, dass, obwohl ich meine Großmutter sehr geachtet habe, so wurden wir ja auch erzogen, meiner Mutter den Hörer reichte und sagte: "Mama, die Oma ist durchgedreht!" Ich war gerade 13 Jahre alt und ich kannte so etwas überhaupt nicht. Ich hatte zwar vorher mal von Fatima und Lourdes gehört, aber ich konnte das für mich nicht wirklich verinnerlichen, was das bedeuten soll, die Muttergottes zu sehen.
In Deutschland waren Schulferien, und so sind wir, wie jedes Mal, nach Medjugorje gefahren. Am 10. Tag der Erscheinungen bin ich das erste Mal auf den Erscheinungsberg gegangen. Es war sehr heiß, und wir haben Rosenkranz gebetet, was für mich normal war, denn das kannte ich von früher aus den Familiengebeten, aber ich stellte mir die Frage: "Warum soll ich da hinaufsteigen, da ist nichts, nur Steine und Gestrüpp!" Wir haben uns damals wirklich durch das Gestrüpp durchgewühlt. Mittlerweile waren zwar schon ein paar Äste durchgebrochen und einige hatten die großen Steine ein bisschen zur Seite geschoben, denn es waren ja mittlerweile schon 20.000 Leute oben, wenn nicht sogar mehr, so dass es sicher schon eine Veränderung am Weg gegeben hatte, aber immer noch so, dass du über die Steine kraxeln musstest.
Medjugorje war ja sozusagen über Nacht zum Anziehungspunkt für viele Pilger geworden. Wie war die Situation für dich?
Das war schon außergewöhnlich. Ein Beispiel: Normalerweise schliefen wir in unserem neuen Haus, aber meine Eltern waren für einen Tag weggefahren und so waren wir bei unseren Großeltern untergebracht. Früher hatten ich immer ein Zimmer bei Oma und Opa und auf einmal sagte die Oma, dass wir da nicht mehr schlafen können, da sie die Betten jemand anderem gegeben hätte. Omi hat uns dann ein paar Decken auf die Terrasse gebracht, und so haben wir da geschlafen, was wir natürlich gut fanden, wie zelten irgendwie. Aber ich habe dadurch erst einmal realisiert, was die Menschen gemacht haben. Sogar meine Großeltern haben wirklich auf Stroh geschlafen und ihre Zimmer geräumt, damit die Pilger Platz hatten. Denn es gab ja kein Hotel, keine Pension, nichts, wo die Leute hätten schlafen können. Wenn ich heute darüber nachdenke, war es außergewöhnlich. Trotzdem war es für mich, die ich in Deutschland aufgewachsen bin, schon ein Problem, wenn ich jetzt mein Zimmer teilen musste, oder es sogar ganz irgendwelchen fremden Leuten, die vor der Tür standen, geben sollte. Aber, es war wirklich eine besondere Zeit des Beginns. Die Pilger waren so bereits integriert in etwas, was die Muttergottes, durch die Botschaften den Pilgern oder allen Menschen auf dieser Welt weitergegeben wollte. Das können wir gerade im Nachhinein sehen. Die Kroaten sind sehr gastfreundlich, sehr offen, aber auch sehr tief gläubig. Und für uns war es normal, dass man jeden Abend gebetet hat, für uns war es normal, dass es am Freitag nichts zu essen gab, was tierisch ist, also es gab keine Butter und keine Eier und so. Man hat höchstens mal ein paar Kartoffeln mit ein bisschen Öl angebraten, eine Zwiebel, oder es gab so ein bestimmtes Fastenbrot. Es war Fasttag und gut. Damit sind wir aufgewachsen. Auch mit der Hl. Beichte. Die Leute, die kamen, wurden automatisch mit hineingenommen. Sie waren Gäste, sie konnten sich ja nicht wider dem ganzen benehmen, also haben sie mitgemacht. Hier gab es wirklich den gelebten Glauben, und dann kommt die Muttergottes und sagt: "Betet das Glaubensbekenntnis und die sieben Vaterunser!" Und sie haben mitbekommen, dass dies in den Familien schon gebetet wurde. Oder: "Betet den Rosenkranz!", und wir haben ihn schon in den Familien gebetet. Dieses gelebte Zeugnis war, so glaube ich, ein starker Impuls, weil sie sahen, dass es möglich ist, dies zu leben.
Kannst du uns etwas darüber sagen, wie das Abendprogramm entstanden ist? Was bedeuten die 7 Vaterunser, das Gebet zum Hl. Geist, die Lauretanische Litanei und das Heilungsgebet?
Die Muttergottes hat in Medjugorje sehr klein angefangen - mit einem einzigen Vaterunser am Tag. Sie hat gesagt, "Betet ein Vaterunser, ein Gegrüßet seist du Maria und ein Ehre sei dem Vater!", dann, "Betet das Glaubensbekenntnis, sieben Vaterunser, Gegrüßet seist du Maria und Ehre sei dem Vater." Und sie fügte hinzu, dass dies das Mindeste sein soll, was jemand an einem Tag betet!"
Das Gebet des Glaubensbekenntnisses und der sieben Vaterunser ist eine franziskanische Tradition, wir nennen es den kleinen Rosenkranz, der zur Verehrung der sieben Schmerzen und der sieben Freuden Mariens gebetet wird. Wir kannten dieses Gebet und haben es oft gebetet, z.B. wenn wir an jedem Samstag unsere Häuser mit Weihwasser gesegnet haben. Während des Gebetes ging die ganze Familie in alle Räume des Hauses, und unsere Oma hat sie mit Weihwasser besprengt. Anschließend ging sie auch noch zum Stall und hat alle Tiere gesegnet. So war dieses Gebet schon in unserem Herzen verankert.
Das Nächste, worum die Muttergottes bat, war ein Rosenkranz. Mit der Zeit bat sie um den zweiten und den dritten Rosenkranz. Das Abendprogramm, wie wir es heute in Medjugorje kennen, ist aus ihren Botschaften heraus entstanden. Denn sie hat bei vielen verschiedenen Gelegenheiten über das Gebet gesprochen und auch darüber, was das Gebet ist. Dabei hat sie fünf Punkte erwähnt, die nach meiner persönlichen Deutung absolut in das Abendprogramm integriert sind. Diese fünf Punkte, die sie zum Gebet "erklärt" hat, waren: "Betet die Gebete, die ihr kennt!", also vorgeformte Gebete, wie das Vaterunser, das Jesus uns gelehrt hat, aber auch andere Gebete. Das ist eine Art und Weise zu beten. Das Lesen in der Bibel ist die zweite Art zu beten. Das höchste aller Gebete ist natürlich die Hl. Messe, aber wir kennen auch das meditative Gebet, das sie auch erwähnt hat, und das spontane Gebet, welches aus der Tiefe unserer Seele kommt, wenn wir in verschiedenen Situationen zu Gott schreien: z.B.: "Gott, sei mir barmherzig" oder "Muttergottes, hilf mir". Diese fünf Punkte hat sie als Gebet benannt. Das Abendprogramm als solches hat mit dem Rosenkranz begonnen, als Vorbereitung der Seher und der Gläubigen auf die Erscheinung. Denn die Muttergottes ist den Sehern immer während des Rosenkranzes erschienen. Nach einiger Zeit wurde das Abendprogramm auf zwei Rosenkränze und die Hl. Messe erweitert, die es früher zeitweise am Abend auch gab. Die Muttergottes hat uns dann darum gebeten, dass wir für die Hl. Messe danken und zwar mit dem Glaubensbekenntnis und den sieben Vaterunsern. Wir sollten nicht gleich aus der Kirche heraus rennen, sondern, Gott danken für diese Gabe, die er uns gibt, dass er lebendig zu uns kommt. Auf das Bedürfnis der Pilger hin haben wir den Segen der Andachtsgegenstände eingeführt und das Heilungsgebet, weil viele mit ihren Sorgen, mit ihren körperlichen und seelischen Nöten und Krankheiten und Schwierigkeiten kamen. So ist es dann entstanden, dass man das Heilungsgebet, zur Heilung an Leib und Seele betet und anschließend den dritten, glorreichen, Rosenkranz. Mit der Zeit war es so, dass die Muttergottes darum gebeten hat, dass wir am Donnerstag, am Samstag und dann auch am Mittwoch Anbetung haben. Dann hat sie am Freitag um die Kreuzverehrung gebeten, und so ist das Gebetsprogramm am Abend aus dem heraus entstanden, was Sie gewollt hat. Stück für Stück ihren Botschaften angepasst.
Auch um das "Komm, Schöpfer Geist", das vor der Hl. Messe gebetet wird, hat sie gebeten. Sie sagte, wir sollen den Hl. Geist anrufen, damit er uns hilft zu verstehen und zu erkennen, was in der Heiligen Messe geschieht.
Was ist für dich das Schönste an deinem Dienst?
Das Schönste für mich ist, wenn ich merke, dass ich durch meine Arbeit den Menschen in irgendeiner Form geholfen habe. Die schönsten Erfahrungen sind die, wenn ich am Ende feststelle, dass es sogar dann geschieht, wenn es mir gar nicht oder fast nicht bewusst ist. Situationen, in denen ich denke: "Da habe ich gar nichts getan!", oder: "Ich hätte dies oder jenes tun oder sagen können!", und trotzdem merke ich, dass Gott es richtig zusammengefügt hat und dass es von Nutzen für die Menschen war. Wenn ich merke, dass es den Menschen hilft, ist es das, was mir Frieden schenkt und auch die Überzeugung, meine Arbeit weiterzumachen. Meine Arbeit ist meine Art Gott danke zu sagen, für das, was er mir in meinem Leben gegeben hat. Ich hatte viele Personen um mich herum, die bewusst oder unbewusst für mich ein Vorbild gelebten Glaubens waren und die mich, indem ich sie nur beobachtet habe, angeregt haben, über Gott intensiver nachzudenken. Dass ich das für Andere sein kann, dass wünsche mir und das versuche ich, in meinem Leben umzusetzen.
Quellennachweis: Zeitschrift: "medjugorje aktuell" Nr. 77