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"Medjugorje – eine Schule des Gebetes"

Eine Betrachtung über das Gebet und über Gebetskreise von Pater Slavko Barbarić.

Wir sind die Aufrufe Mariens in Bezug auf das Gebet schon gewohnt, weil sie so oft kommen. Es gibt eine einzige Bedingung, damit man sich dem Gebet öffnen und das Gebet zur Freude werden kann: dass wir in unserem Herzen die Liebe zu Gott haben. Deswegen ist es so wichtig, nicht zu vergessen, mit Maria um die Erfahrung der Liebe Gottes zu beten. Wir wissen ja, wenn wir einer Person begegnen, die wir lieben und von der wir wissen, dass sie uns liebt, dann öffnet sich unser Herz und die Begegnung bringt uns Freude. Auch wenn wir leiden und uns eine Person besucht, die wir lieben, dann verspüren wir Freude im Herzen. So – und noch mehr – muss es auch mit Gott sein. Gott liebt uns unendlich und unermesslich, deshalb sollte wirklich jedes Gebet zur freudigen Begegnung mit Gott werden. Es ist traurig, wenn wir diese Freude nicht erfahren, und es ist ebenso eine Tatsache, dass viele Christen gerade diese Freude nicht erfahren. Deswegen beten sie nicht oder sehr wenig, und wenn sie beten, dann kurz und schnell. Natürlich kann uns ein solches Gebet keine Freude bereiten, weil man für die Begegnung Zeit braucht. Wir dürfen aber nicht auf die Freude warten, um beten zu können, sondern wir sollten uns in diesem Moment für das Gebet entscheiden, und durch das Beten kommt auch die Liebe zu Gott und durch die Liebe auch Freude. Zunächst gilt der Aufruf zum Beten für jeden Einzelnen. Auch wenn niemand anders sich für das Gebet entscheidet, so kann sich jeder von uns dafür entscheiden und beten, und das ist der Anfang des Gebetes überhaupt. Wir dürfen nicht auf die anderen warten und erst dann zu beten beginnen. In Mariens Schule beginnt zuerst jeder Einzelne für sich, und dann kann der neue Schritt zum gemeinschaftlichen gemeinsamen Gebet gemacht werden.

Die erste Gebetsgruppe soll sicherlich das Gebet in der Familie sein, d. h., dass Eltern und Kinder miteinander beten. Ich hoffe, dass alle Pilger in ihren Familien beten, denn das Gebet für den Frieden, die Liebe und die Versöhnung in der Familie ist unerlässlich. Wenn die Familie wirklich eine christliche Familie sein soll, dann soll sie gemeinsam den Rosenkranz beten, das Wort Gottes hören und erfahren, wie schön es ist, wenn die Eltern mit den Kindern beten, die Heilige Schrift lesen und gemeinsam versuchen, das Wort Gottes zu verstehen. Ohne das Gebet in der Familie können die Kinder nicht im Glauben erzogen werden. Hier liegt die große Verantwortung der Eltern, dass sie den richtigen Platz in der Familie zum Gebet finden. Wir wissen ja, wie schwierig es ist, diese Zeit in der Familie zu finden, die Entschuldigungen sind uns allen sehr bekannt: die Arbeit der Eltern, die ständige Hektik, aber noch mehr das Fernsehen und andere Ausreden, die natürlich kein richtiger Grund sind, für das Gebet keine Zeit zu haben. Es gibt eigentlich nur einen Grund, warum man in der Familie nicht betet: die mangelnde Liebe im Herzen zu Gott und der mangelnde Glaube. In vielen Familien besteht das Gebet nur aus der Sonntagsmesse, was sicherlich gut ist, aber es ist bei weitem nicht genug. Viele Christen gehen sonntags zur Hl. Messe, aber sie beten nicht. So bleibt der Besuch der Hl. Messe wirklich nur ein Brauch, der nicht schlecht ist – er ist gut, aber er kann keine Früchte bringen, weil man sich für die Hl. Messe nur im Gebet vorbereiten soll und kann. Daher wollen wir beten, dass die Familien wirklich mit dem Geist des Gebetes und der Liebe zu Gott erfüllt werden, damit sie zu beten beginnen. Die Familien mit kleinen Kindern können ebenso beten. Auch wenn die kleinen Kinder nicht so lange sitzen können, bis man einen ganzen Rosenkranz gebetet hat, für einige Zeit können sie es schon. Das kann man von ihnen verlangen, und die andere Zeit können sie spielen, aber im selben Raum, in dem gebetet und wo das Wort Gottes gelesen wird. Diese Erfahrung ist für die kleinen Kinder sehr wichtig und man darf nicht sagen, dass die Kinder nichts verstehen. Sie verstehen durchaus, worum es geht, wenn die Erwachsenen, die Brüder und Schwestern beten. Deswegen noch einmal: Man muss einfach um die Liebe für die Familien beten, damit sich die Familien dann Gott öffnen.

Die erste Gebetsgruppe – wir nennen sie Ivans Gruppe – wurde am 4. Juli 1982 gegründet. Die zweite Gruppe ist Jelenas Gruppe. Die Muttergottes hat diese Gruppe durch Jelena, das Mädchen, das innere Einsprachen erhielt, gegründet und geführt. Maria hat sie gelehrt, wie man beten soll. Sicherlich haben diese beiden Gruppen den Pilgern den Impuls gegeben, und es war leichter für sie, zu verstehen, was der Aufruf wirklich bedeutet.

Es ist eigentlich sehr leicht, eine Gebetsgruppe zu bilden. Es genügt bereits, dass sich eine Person für das Gebet entscheidet und dann noch eine andere Person sucht, die mit ihr betet. Ich wiederhole immer, dass wir nicht sagen dürfen, dass die anderen nicht beten wollen. Wenn wir uns entschieden haben, eine Gruppe zu bilden, d. h. jemanden zu finden, mit dem wir vielleicht ein- oder zweimal pro Woche beten wollen, dann suchen wir und fragen Leute, ob sie es wollen. Wenn die Gesunden nicht wollen oder keine Zeit haben, dann können wir eine alte oder kranke Person fragen, ob wir sie einmal pro Woche besuchen dürfen und mit ihr den Rosenkranz beten. Ich kann mir vorstellen, dass die Alten oder Kranken zufrieden sein werden und uns vielleicht bitten, es jeden Tag zu tun. Jesus sagt, wo zwei oder drei in Seinem Namen sind, dort ist Er unter ihnen. Diese Gebetsgruppen sollen den Botschaften entsprechend eine Kette um die ganze Welt bilden und mit Maria beten, damit die Programme, die ihr Gott in dieser Zeit anvertraut hat, verwirklicht werden und auch der Triumph ihres unbefleckten Herzens erfolgen kann. Ohne Gebet wird das natürlich nicht geschehen. Das Gebet ist unter anderem eine Sprache, und eine Sprache kann man nur lernen, wenn man mit den anderen spricht. Daher ist es wichtig, in den Gebetsgruppen nicht nur den Rosenkranz zu beten oder die hl. Schrift zu lesen, sondern auch über die eigenen Erfahrungen mit Gott im Gebet zu sprechen, aber auch über die Schwierigkeiten. Durch dieses Vertrauen zueinander, dieses offene Mitteilen dessen, was ich in meinem Herzen erfahre, wird die Freude und vor allem die Gemeinsamkeit geschaffen. In einer solchen Atmosphäre können auch die Charismen wachsen. Die Gebetsgruppe ist eine Hilfe, um tiefer in das Gebet hineinzukommen, aber sie ist auch ein Schutz und eine Sicherheit, um auf dem guten Weg zu bleiben. Wenn möglich, sollte ein Priester ständig oder wenigstens von Zeit zu Zeit anwesend sein, damit er alles hört, daran teilnimmt und so die Gebetsgruppe mit der Autorität der Kirche beschützt, damit sie auf dem guten Weg bleibt.

Maria sagt: „All jene, die beten und Mitglieder von Gebetsgruppen sind, sind in ihren Herzen dem Willen Gottes offen und bezeugen freudvoll die Liebe Gottes.“ Durch diesen Erfahrungsaustausch werden wir verstehen, wie der andere sich dem Willen Gottes öffnet, und werden auch leichter sehen, was Gottes Wille eigentlich für den anderen ist. Es ist interessant, dass wir alle leichter sehen und einsehen, was der Wille Gottes für den anderen sein könnte als für uns selbst. Aber so helfen uns auch die anderen durch ihre eigenen Erfahrungen. So wächst der Glaube, so wächst das Vertrauen zu Gott und auch das Vertrauen zum Willen Gottes. Es ist sehr oft der Fall, dass Menschen vor dem Willen Gottes Angst haben, ihm misstrauen, Gott bewusst oder unbewusst für ihre Probleme oder Misserfolge verantwortlich machen oder im Leiden leicht sagen, es sei Gottes Wille. Es muss uns klar sein, dass es Gottes Wille ist, dass es uns gut geht und dass sich alles zum Guten wendet. Miteinander darüber zu sprechen bedeutet diese Sicherheit und man öffnet sich auch leichter für den Willen Gottes. Wenn wir einmal von der Liebe Gottes so berührt werden, dann werden wir auch sicherlich freudig die Liebe Gottes bezeugen. Dieses Zeugnis wird ständig von den Christen verlangt. Jesus sagt z. B., dass wir Salz und Licht für die Welt sind. Wir können aber nur Licht werden, wenn wir von Ihm Licht bekommen. Wir werden das Salz der Erde werden, wenn wir von Jesus diese Liebe bekommen. Wenn wir einmal in unserem Herzen die Liebe Gottes tragen, dann kann nichts und niemand uns daran hindern, die Liebe Gottes mit Freude zu bezeugen. Besonders in dieser Zeit, in der sich viele Menschen verloren haben, traurig leben und den Sinn verlieren, braucht die Welt die freudigen Zeugen der Liebe Gottes. Medjugorje – und dafür wollen wir auch ganz bewusst danken – hat vielen Menschen geholfen, wirklich zu freudigen Zeugen der Liebe Gottes zu werden. Nur die Liebe Gottes, die in den Menschen Raum findet, kann diese Welt retten. Die Liebe, die dann auch, wie der hl. Paulus sagt, mutig und erfi nderisch ist, wird denen, die sie tragen, auch Möglichkeiten zeigen, wie sie dieser Welt und den Menschen dieser Welt helfen können. Das ist natürlich das Anliegen Mariens, das ist der Sinn ihrer Erscheinungen.

Maria sagt weiter: „Ich bin mit euch und trage euch alle in meinem Herzen und segne euch mit meinem mütterlichen Segen.“ Sie begleitet uns. All das, was Maria tut, als Mutter und als Lehrerin, ist zum Segen für uns. Wir sollen aus allem, was sie zu uns sagt, lernen und versuchen, durch unsere Umkehr und unsere neuen Verhaltensweisen für die Menschen zum Segen zu werden. Es ist wirklich ein Segen für uns, wenn wir einem guten, gläubigen, ehrlichen Menschen begegnen. Es ist sicherlich eine große Freude für die Eltern, wenn sie wissen, dass ihre Kinder guten Jugendlichen begegnet sind, die ihnen auf dem Weg helfen. Maria sagt uns, dass sie uns alle in ihrem Herzen trägt. Es ist ein besonderer Ausdruck der Liebe, der Annahme. Auch auf unserer menschlichen Ebene sagen wir: „Du bist in meinem Herzen“ oder „Du bist in meinem Herzen eingeschlossen“. Es gibt ein Lied, das sagt: „Ich habe dich in meinem Herzen eingeschlossen und den Schlüssel verloren“, d. h., „Du bleibst ewig in meinem Herzen eingeschlossen“. Dazu muss man nicht viel sagen; man muss einfach glauben, dass Maria uns in ihrem Herzen trägt, und wir müssen alles tun, damit wir auch in ihrem Herzen bleiben. Sicherlich sagt auch Maria zu uns, dass sie den Schlüssel verloren hat, sodass wir ständig in ihrem Herzen bleiben. Denn als Mutter wird sie uns immer lieben, auch wenn wir einmal aus Schwachheit, Bosheit oder irgendeinem anderen Grund von unserer Seite nicht mit ihr sind, so ist sie mit uns. So wollen wir dankbar sein für das, was sie für uns ist und was sie zu uns sagt.