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"Seid frohe Zeugen des Wortes und der Liebe Gottes und mit Hoffnung im Herzen, die alles Böse besiegt."

Monatsbotschaft vom 25. Juli 2022

Die Wallfahrt

Was ist das für eine Kraft, die Menschen zu einer langen, strapaziösen Reise in ein fremdes Land zieht oder drängt? Wo liegt die Energie, die zum Pilgern drängt (auch nach Medjugorje)? - Gedanken von Dr. P. Tomislav Pervan

Über Medjugorje zu sprechen heißt auch, über endlose Ströme von gläubigen, suchenden, zweifelnden und auch ungläubigen Menschen zu sprechen, die täglich in dieses Heiligtum kommen. Man fragt sich ungewollt: Was ist das für eine Kraft, die Menschen zu einer langen, manchmal unbekannten und strapaziösen Reise in ein fremdes Land zieht oder drängt? Wo liegt die Energie, die zum Pilgern drängt (auch nach Medjugorje)?

Das Unbewusste im Menschen, in dem eine unzerstörbare Sehnsucht nach Gott verwurzelt ist, offenbart sich oft in Form von unbestimmten Erwartungen, Sehnsüchten und Träumen. Geistige und seelische Anstöße brechen aus der Tiefe durch und wollen gleich dem Küken aus der Eierschale ans Tageslicht, wollen in das Weite und Lichte, getrieben mehr von Herzenseingebungen als von Standeswissen. So ist der Mensch immer auf der Suche.

Beobachten wir die Pilger näher hier in Medjugorje, so kann man feststellen, dass hier derselbe geistige Prozess im Gange ist. Der Pilger begibt sich – von diesen unerklärlichen Kräften getrieben – auf die Reise ins Ungewisse; trotz seines warmen Zuhause mit allen Bequemlichkeiten der westlichen Zivilisation, trotz der monumentalen Dome und trotz der Kirchen, oder gar einer ruhigen und angehnehmen Kapelle oder der Kirche in  nächster Nachbarschaft, in der man nach Herzenswunsch Gott loben und preisen kann. Die Pilger kommen aus verschiedensten Gründen: physische oder psychische Leiden, Krankheiten, Laster, persönliche Gelübde, für das oder jenes zu beten. Oder man geht einfach auf Wallfahrten, ohne genau zu wissen, warum man geht. Der Pilger hat das Bedürfnis, auf Reisen Gott zu verherrlichen, er möchte nach vorwärts, zu einem geahnten Ziel.

Das jüdische Volk ist ein vorgegebenes Modell, ein Paradigma für jegliches Wallfahren. Es war vorgeschrieben, dass sich jeder Israelit dreimal im Jahr vor dem Herrn zeigen sollte. Sie mussten „hinauf, nach Jerusalem, der Stadt Gottes“. Nicht Jerusalem war das Ziel, sondern der Herr, er in Jerusalem Seinen Tempel hat: „Wir gehen hinauf zum Herren!“ Jeder musste vor das Angesicht des Herrn treten. Und wie sich auch heutzutage die Juden – in der ganzen Welt zerstreut – instinktiv nach Jerusalem sehnen, „ der Stadt des Herren“, der Heimat des eigenen Geistes, so kann man auch hier in Medjugorje denselben Prozess beobachten „Jerusalem“, der Inbegriff dessen, wonach sich die Juden sehnen, ist ein universeller Begriff für die Zielstrebigkeit und Sinnhaftigkeit menschlicher Existenz. „Jerusalem“ war der ersehnte Ort, das Ziel einer Reise, der Beweis, dass Pilgern zum Wesensmerkmal menschlicher Seele gehört, zur tiefsten Sehnsucht des menschlichen Herzens.

Im Neuen Testament ist das Wallfahren eine eschatologische Wirklichkeit. Die Pilger können wir jenen gläubigen Männern und Frauen zuordnen, von denen der Hebräerbrief sagt, dass diejenigen, die voll Glauben gestorben sind, in ihrem Leben bekannt haben, „...dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind…, dass sie eine Heimat suchen. Hätten sie dabei an die Heimat gedacht, aus der sie wegezogen waren, so wäre ihnen Zeit geblieben, zurückzukehren; nun aber streben sie nah einer besseren Heimat, nämlich nach der himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht. Er schämt sich nicht, ihr Gott genannt zu werden.“ (Heb 11,13ff). Wenn sich jemand auf eine Pilgerfahrt begibt, so erfährt er dabei das elementare Ausgesetzt sein, die Verwundbarkeit und Unsicherheit des Lebens. Wallfahrtsorte sind wie Inseln, abgeschnitten von den alltäglichen Sorgen, Orte der Gottesbegegnung. Zahlreiche Lebensbeichten, tiefschürfende Bekenntnisse und Bekehrungen zum liebenden Gott sind das Fazit der Pilgerorte. Das neueste Beispiel ist Medjugorje.

Pilger sind Gott-Suchende. Indem sie Gott suchen, sind sie auch auf der Suche nach dem wahren Selbst. Man kann die Gotteserfahrung unmöglich von der Selbsterfahrung trennen, da jeder das in sich trägt, was ihn zu einer Persönlichkeit, zu einem In-dividuum (=Un-teilbaren) macht, zum Abbild des unsichtbaren und lebendigen Gottes. Indem der Pilger Gott begegnet, begegnet er seinem eigenen, längst davongelaufenen Herzen. So auch in Medjugorje. Im weiten Spektrum der besonderen göttlichen Eingriffe im Laufe der menschlichen Suche nach dem wahren Selbst ist Medjugorje ein allzu deutlicher Beweis, dass der Mensch, der zugleich Pilger hier auf Erden ist, in seinem Kern ein religiöses Wesen ist. Der Mensch kann einfach nicht ohne Gott sein. Er sucht Ihn, schreit zu Ihm, er möchte Ihn erreichen. Man kann beobachten, wie hier der unbewusste Glaube zum bewussten, wie das Ungenannte ins Wort be-griffen, wie unsichere Überzeugung oder Ahnung zu einer festen Entscheidung wird, wie die Menschen die Verpflichtung auf sich nehmen, das Taufversprechen und Jesu Forderungen zu leben. Der Mensch wird zum Subjekt vor Gott, er wird bewusst Mitglied der Kirche, sein individuelles Gebet fließt über in die ganze Kirche, in die Welt: Der Gläubige fühlt sich verantwortlich für das Schicksal der Welt.

Von Anfang an wurde in Medjugorje alles auf die Evangelisation hin ausgerichtet. Unser Herzensanliegen war: Jesus Christus und Seine Botschaft an den heutigen Menschen heranbringen. Hier wird niemanden ein billiges Rezept für das Schwere im Leben angeboten. Es wird keine billige Lösung für die Probleme, keine wohlfeile Medizin oder ein medizinisches Placebo verabreicht. Vielmehr werden die Menschen mit etwas Unangenehmem konfrontiert: Umkehr, Umwertung der Lebenswerte, Kursänderung im Leben, Neueinstellung zum Leben, zum Glauben, zur Kirche, zum Fasten und Gebet, zum Frieden… Lange bevor die heutigen Vorkämpfer gegen die Umweltverschmutzung ihre Stimme erhoben haben, hat Gott in Jesus Seine Stimme erhoben, dass es lebens- und überlebensnotwendig ist, den Kurs des Lebensschiffes zu ändern, bevor es zu spät ist. Er sagt, dass es keinen billigen oder leichten Weg zum Glück gibt. Nur durch die Umkehr ist dieses Glück, ist der Lebenssinn zu erreichen, und in dieser Umkehr liegt das ganze Gewicht der Medjugorje-Botschaft. Diese Botschaft will uns aus der Gleichgültigkeit gegenüber unserem Schicksal und zugleich gegenüber der Botschaft Jesu herausreißen.

Daher hat es einen Sinn, die Wallfahrtsorte zu besuchen, wo Gott so mächtig am Werk ist. Das sind Gnadenorte, wo echte Gotteserfahrungen geschenkt werden. In der Kirchengschichte waren solche Orte „Quellen der Erneuerung der Kirche.“ Werfen wir nur einen kurzen Blick auf die frühe Kirche. Als der christliche Glaube zur Staatsreligion wurde, verlor er allmählich seine innere Überzeugungskraft, seine Authentizität. Derjenigen aber, die authentische, erfahrene Christen werden wollten, zogen sich die Wüste – vor allem die ägyptische zurück und lernten hier von neuem den lebendigen Christus kenne. Sie wurden zu Mönchen, und so wurde  die Wüste zum Kraftquell des Glaubens, zur Pflanzstätte der Erneuerung und der großen Heiligen und Theologen, der großen Missionare, die den Glauben in die entferntesten Winkel der damaligen Zivilisation gebracht haben. In diesem Sinne sehe ich die Chance von Medjugorje, diesem Ort, der auch zu einer Erneuerungsquelle geworden ist: In wenigen Jahren entstanden von h hier aus unzählige Gebetskreise und –gruppen in der gesamten Kirche, die nur eines zum Ziel haben: Jesus Christus in der heutigen Welt sichtbar zu machen. Das muss das erklärte Ziel eines jeden bewussten Christen werden.

Dr. Tomislav Pervan, OFM

Quellennachweis: aus „Erneuerung in Kirche und Gesellschaft“