Medjugorje: „Der Papst will geordnete Aufnahme der Pilger“
Vielleicht war es nur Zufall, aber Henryk Hoser, Bischof von Warschau-Praga, wurde genau am 11. Februar vom Papst zum „Sondergesandten“ für den Wallfahrtsort Medjugorje ernannt: 11. Februar, das ist das Fest Unserer Lieben Frau von Lourdes. Und Medjugorje, das ist gewissermaßen eine „Konkurrenz“ zu Lourdes: In dem Balkan-Dörfchen sollen nämlich seit 1981 Marienerscheinungen stattfinden, die Millionen von Menschen in diese entlegene Region von Bosnien-Herzegowina ziehen.
Medjugorje ist aus Vatikansicht ein heißes Pflaster: Die Gläubigen in Bosnien und weit darüber hinaus sind in der Angelegenheit zutiefst gespalten. Bischof Hosers Aufgabe ist, wie der Vatikan betont, „ausschließlich pastoral“, und sein Mandat erlischt im kommenden Sommer.
„Meine Ernennung zeigt die Sorge des Heiligen Vaters“, sagt uns Hoser in einem Telefongespräch. „Es geht dem Papst darum, dass die Lage in Medjugorje klar und geordnet ist, dass man mal vor Ort die Situation überblickt und dabei vielleicht auch Chancen erkennt, die sich bieten. Vor allem geht es um eine geregelte, pastorale Aufnahme der Millionen von Pilgern, die nach Medjugorje kommen – diese hohe Zahl ist eine Herausforderung für die Kirche und eine Aufforderung, die Aufnahme, wenn möglich, zu verbessern.“
„Ja, ich weiß, dass es Uneinigkeit gibt“
2010 hatte der damalige Papst Benedikt XVI. unter dem Dach der Glaubenskongregation eine Untersuchungskommission zu Medjugorje eingerichtet. Im Juni 2015 verriet Papst Franziskus auf dem Rückflug von einem Sarajewo-Besuch den mitreisenden Journalisten, die Kommission habe „eine schöne Arbeit“ geleistet, er habe ihren Bericht erhalten und stehe „kurz davor, eine Entscheidung zu treffen“.
„Es gibt zwei entscheidende Aspekte“, sagt Bischof Hoser dazu. „Zum einen: Sind die Erscheinungen und die Botschaft der Muttergottes echt? Das war Gegenstand der Untersuchungen dieser Sonderkommission, die von Kardinal (Camillo) Ruini geleitet wurde. Der zweite Aspekt ist der, der mir anvertraut wurde: Da geht es darum, die seelsorgliche Betreuung zu organisieren, in Absprache und Harmonie mit der kirchlichen Hierarchie vor Ort.“
Das Wort „Harmonie“ wählt der polnische Kirchenmann mit Bedacht. Denn in Medjugorje besteht schon lange eine gewisse Disharmonie zwischen den Franziskanern, die die Pfarrei und die angeblichen Seher von Anfang an betreut haben, und den Zuständigen des Bistums Mostar. „Ja, ich weiß, dass es eine solche Opposition gibt, oder sagen wir lieber: Uneinigkeit. Aber ich kann dazu im Detail noch nichts sagen, weil ich noch nie in Medjugorje war. Dadurch kann ich dort als jemand auftreten, der in diesem Konflikt neutral ist.“
Vor der „definitiven Lösung“
Hoser will mit allen ausführlich sprechen: den Leuten vom Bistum, den Franziskanern und allen, die für die Aufnahme und seelsorgliche Betreuung der vielen Pilger zuständig sind. Die angeblichen Seher erwähnt er in seiner Aufzählung übrigens nicht. Danach will er einen Bericht mit Vorschlägen verfassen und dem Papst übergeben. „Ich würde vermuten, dass mein Bericht komplementär (zum Untersuchungsbericht der anderen Kommission) sein wird und dass beide sich ergänzen werden, um das Panorama der Lage zu vervollständigen. Das kann dann hoffentlich zur endgültigen Lösung beitragen, die die Kirche vorschlagen wird.“
Wann sein Bericht oder beide Berichte veröffentlicht werden, weiß Bischof Hoser nicht. Auf die Frage, ob zu seinen Vorschlägen womöglich die Ernennung eines Apostolischen Administrators für Medjugorje gehören wird, sagt er: „Ja, das ist nicht ausgeschlossen. Denn vielleicht wird man die Struktur der Hierarchie vor Ort ergänzen müssen, damit die Initiativen besser abgestimmt und damit wirksamer sein können. Das sind Hypothesen, die ich bestätigen muss.“
Die Führung der katholischen Kirche hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob die angeblichen Marienerscheinungen in Medjugorje als echt anerkannt werden können oder nicht. Sie ruft nicht zu Wallfahrten in den Ort auf. Andererseits liegt ihr aber am Herzen, dass die Millionen von Menschen, die nach Medjugorje reisen, dort seelsorglich betreut werden - und zwar unabhängig von der Echtheit oder Nicht-Echtheit der Erscheinungen. Schließlich ist Medjugorje, an seiner Besucherzahl gemessen, längst einer der größten katholischen Wallfahrtsorte.