Das Maß der Liebe ist Liebe ohne Maß
Wenn wir über P. Slavko nachdenken, haben viele Menschen eine außergewöhnliche innere Sicherheit, dass er seine Werke auf Christi Weise getan hat. In ihm erkennen wir das Gebot: So wie ich euch geliebt habe, so liebt auch ihr einander.
Pater Slavkos Liebe hatte feste Wurzeln, die mit seiner Berufung zum Priestertum noch gewachsen ist. In ihm erkennen wir von Anbeginn an den gesunden Menschen, der aus dem kargen Fels dieser Erde heraus wuchs. Er wusste, dass er in der heißen Sonne die Erde bearbeiten, die Muttergottes am Mittag grüßen, jeden Tag für Nahrung sorgen und sonntags zur Hl. Messe gehen muss. Dieser Mensch wusste, dass er sich zweifelhaften Personen und Ideologien gegenüberstellen muss und er wusste, dass seine Mitmenschen ihm nicht von großer Hilfe sein würden. Es für ihn weder schwer, sein Tagewerk früh zu beginnen noch spät zu beenden.
Im Menschen hat er den Freund gesucht, den Mitarbeiter, mit dem er ein Glas Wasser und seinen Kummer teilte, mit dem er sich freuen und mit dem er weinen konnte. Aber er hatte auch keine Angst, wenn es notwendig war, alleine zu gehen. Das Gute das P. Slavko tat, war Teil seiner Natur. Er konnte nicht anders. Er war umgeben von Gnade, die ihn wie eine Rüstung festigte. Wie sehr sich die Welt auch veränderte und ihm die Arbeit erschwerte, seine Grundentscheidungen änderte er nicht. All die neuen Momente des hiesigen Volkes (Krieg, Hunger, Verfolgung, Krankheit), die auf Dauer neue menschliche Lebensnotwendigkeiten hervorbrachten, wurden für ihn neue Gelegenheiten, Herausforderungen und Ruf, Gutes zu tun. Es gab keine menschliche Notwendigkeit, an der er nicht interessiert war und für die er nicht stets ein offenes Ohr hatte. Das sieht man klar an den geistlichen und materiellen Projekten, die er begann: Organisation des Jugendfestivals, Abendanbetung in der Kirche, Domus pacis, Mutterdorf, Beseitigung des Abfalls, Fond der Freunde der Talente, die Gemeinschaft Barmherziger Vater.
Ebenso ist es wichtig aufzuzeigen, welchen Zugang Pater Slavko zu den Projekten hatte, die der Herr ihm anvertraute. Den Menschen gab er lieber das Netz als den Fisch. Lieber gab er ihnen die Hacke als das Mehl. Seinen Mitarbeitern machte er das Leben nicht einfach. Einmal sagte jemand: „Wenn ihr für Pater Slavko eine große Arbeit gemacht habt, dann ist diese eine sichere Empfehlung, dass er für euch gleich noch eine größere und schwierigere Arbeit findet.“ Er selbst erholte sich nie und verstand auch nicht, was die anderen meinten, wenn sie von Erholung und freier Zeit sprachen.
Seine nationale Angehörigkeit war klar, radikal und bis zur äußersten Grenze tatkräftig. Er liebte das kroatische Volk mit seinem ganzen Wesen. Diese Liebe kann man verstehen, wenn man sie mit der Liebe von Papst Johannes Paul II. zu seinem polnischen Volk vergleicht. Alle sind sich einig, dass Papst Johannes Paul II. der größte Sohn des polnischen Volkes ist, und dass er sein polnisches Volk liebt. Aber wie viele Völker und Kontinente möchten sagen, dass gerade Johannes Paul II. der ihre ist, dass sie ihn lieben, und dass er sie liebt. Pater Slavko hat in mühevollen Reisen, in engen Flugzeugsitzen eingedrückt, alle Kontinente besucht. Er predigte in so vielen Ländern und Völkern, und drückte so seine Liebe zu ihnen aus. Ein Pilger war für ihn ein Heiligtum. Die Menschen wunderten sich, wie ein Menschenkörper so viel aushalten kann; wenn er auch nach 24 Stunden Fahrt in die Kirchen ging, in der schon Menschenmengen auf ihn warteten. Dort blieb er in Gebet, Predigt und Anbetung viele Stunden, bis tief in die Nacht hinein. Seine Liebe zu seinem eigenen Volk war das Maß an Liebe zu den anderen Völkern. Das letztliche Maß seiner Liebe, war der Mensch, den Gott schuf und am Kreuz erlöst hat. In ihm herrschten keine selbstsüchtigen Mechanismen, die diese Liebe fesselten. Jesus Christus und der Mensch, hungrig und durstig, Brot und Geist, waren das Maß, an daser sein Leben angepasst hat.
Manche erinnern sich an Momente im Leben P. Slavko‚s, in denen er resolut, radikal, ja fast grob war. Die Gründe dafür fand man in ihm selbst, wo er auch zu sich selbst unbarmherzig war. Er hat die Zeit geschätzt, von der er wusste, dass sie unbarmherzig begrenzt ist. Jeden Morgen ging er alleine auf den Kreuz oder Erscheinungsberg. Das war seine Zeit, die Zeit des Nachdenkens, des Gebetes, des Planens, das Kreierens des Tages, der vor ihm stand, sowie die Vision von Dingen, an denen er gearbeitet hat. So wie Mutter Teresa war er mutig und barmherzig in dem, was er tun konnte, und in dem, was er nicht konnte, ließ er sich nicht beunruhigen. Er war sich der Realität bewusst, die er durch Gebet, Fasten, Meditation und Studien klarer verstand als andere – und nach dieser Realität handelte er. In manchen Momenten konnte er die Peitsche Gottes sein. Seine Einstellung konnte manchmal Menschen verletzten. Wenn er etwas falsch beurteilt hat, dann bezog sich das oft auf ihn selber, wo er ungerecht gegenüber seinen Bedürfnissen war. Deshalb, weil er in seinem Leben immer zuerst Raum für Gott und für die Menschen in Not geschaffen hat. Wenn wir in unserem Leben Gott und den Menschen mehr Raum geben würden, als unserer Selbstsucht, dann gäbe es weniger Böses, das in der Welt herrschen würde. Gottes Königreich würde sich schon heute in uns niederlassen.
Eine Predigt über P. Slavko von P. Svetozar Kraljevic
Quellenangaben: Medjugorje Aktuell/ Nr. 54- Mai 2003