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"Fürchtet euch nicht, ich verkünde euch eine große Freude..." (Lk 2,10-14)

Eine Weihnachtsbetrachtung.

Mit diesen Worten ruft der Engel des Herrn den Hirten auf dem Felde zu und sogleich machten diese sich auf, um das Ereignis zu sehen, das der Herr verkünden ließ (vgl. Lk 2,15). Die Weihnachtsbotschaft bringt die Hirten in Bewegung. Sofort brechen sie auf, um nach Betlehem zur Krippe zu eilen. Ist das auch heute noch so? Ist es die Verkündigung des Engels, die die Menschen antreibt? Oder sind es die Konsumartikel in den Kaufhäusern, die uns in Bewegung bringen?

Es ist traurig, dass Weihnachten mit so vielen irdischen Dingen verbunden ist, dass viele auch gar nicht mehr wissen, warum sie überhaupt noch Weihnachten feiern. Man verteilt Geschenke, und das  ist dann oft schon alles. Aber warum wir uns beschenken, ist vielen nicht mehr bewusst: Dass wir an Weihnachten dieses eine große Geschenk feiern, dass Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, uns in diesem kleinen Kind entgegen kommt. Dass Er Mensch wird, um für uns Menschen der Retter zu sein. Dass Er kommt, um uns zum ewigen Leben zu führen. Gott ist Mensch geworden, weil Er uns einmal in die ewige Herrlichkeit führen will. Wie wunderbar muss das Erlebnis für die Hirten auf Bethlehems Fluren gewesen sein, als der Engel an sie herantrat und ihnen verkündete, dass der Retter, der Heiland der Welt, geboren wurde. Das ist das Geheimnis. Das ist das Geschenk. Und darum reichen auch wir einander Geschenke, um dieses große Geschenk, dass Gott in die Welt hinein gestiegen ist, auszudrücken. Er kommt auf uns zu im kleinen Jesuskind. Damals wie heute. Auch heute noch will Er geboren werden in der Krippe unseres Herzens. Will Er Einlass finden in meiner persönlichen Welt. In seiner Kantate „Nun komm, der Heiden Heiland“ hat Johann Sebastian Bach dies auf ganz besondere Weise vertont: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.“

Das Jesuskind und die kleine Angela
Jesus kommt auf uns zu. Ganz eindrücklich erlebte dies einmal die kleine Angela, ein tiefgläubiges Mädchen in Ungarn zur Zeit des Kommunismus. Die besondere Begebenheit  wurde von einem  Pfarrer berichtet und im Buch „Die  Ikone“ von Maria Winowska veröffentlicht. In einem kleinen Dorf in Ungarn, in dem viele Familien fest im katholischen Glauben verwurzelt waren, gab es in der Volksschule eine Lehrerin, die in verbissener Weise vom atheistischen Kommunismus überzeugt war. So dachte sie sich täglich etwas Neues aus, um die Kinder vom katholischen Glauben abzubringen. Die kleine Angela wurde von ihr besonders aufs Korn genommen. Kurz vor Weihnachten, am 7. Dezember, erfand die Lehrerin ein grausames Spiel, mit dem sie dem Glauben der Kinder, den sie für eine „Pest für die Schule“ hielt, den Gnadenstoß versetzen wollte. Angela wurde in ein scheinbar harmloses Frage- und Antwortspiel verwickelt.

Glaubst Du, dass das Jesuskind Dich hört wenn Du es rufst?
„Was tust du, wenn deine Eltern dich rufen?“, fragte die Lehrerin. „Ich komme“, antwortet Angela leise und scheu. Sie ahnte schon, dass die Lehrerin ihr eine Falle stellen wollte. „Sehr gut! Und was geschieht, wenn deine Eltern den Kaminkehrer rufen?“ „Er kommt“, sagte Angela. „Die Augen der Lehrerin funkelten wie die einer Katze, die mit einer Maus spielt. Sie schaute so boshaft, so boshaft“, sagte später eines der Mädchen über die Lehrerin. „Gut, mein Kind. Der Kaminkehrer kommt, weil es ihn gibt, weil er lebt. Aber nehmen wir an, deine Eltern rufen deine Großmutter, die tot ist. Wird sie kommen?“ „Nein, ich glaube nicht.“, antwortete Angela wieder. „Bravo. Und wenn sie das Rotkäppchen oder den Ritter Blaubart rufen?“ „Es wird niemand kommen, weil das Märchen sind.“ „Gut, sehr gut!“ triumphierte die Lehrerin. „Du scheinst ja heute sehr scharf denken zu können.“ „Das ist klar, nicht wahr?“„Ja“, antwortet die Klasse im Chor. Zu Angela gewandt sagt sie: „Und jetzt nehmen wir an, ihr ruft das Jesuskind. Ist unter euch jemand, der noch an das Jesuskind glaubt?“ Einen Augenblick wurde es ganz still. Dann meldeten sich einige schüchterne Stimmen: „Oja, ja  ...“ „Und du, Angela, glaubst du, dass das Jesuskind dich hört, wenn du es rufst?“ Angela fühlte sich plötzlich erleichtert. Das war also die Falle. Voll Eifer antwortet sie: „Ja, ich glaube, dass es mich hört.“ „Sehr gut. Wir wollen einmal den Versuch machen. Wenn es das Jesuskind, das Christkind, gibt, wird es hereinkommen, wenn ihr es ruft. Ruft also alle miteinander ganz laut: Komm, Jesuskind! Eins, zwei, drei, alle miteinander. “Die Kinder senkten die Köpfe. In das angstschwere Schweigen fiel ein Hohngelächter. „Da wollte ich euch haben. Das ist mein Beweis. Ihr getraut euch nicht, es zu rufen. Denn ihr wisst ganz gut, es würde nicht kommen, euer Jesuskind. Und es hört euch nicht, weil es kein Jesuskind gibt, weil das bloß Märchen sind.“ Bestürzt schwiegen die Kinder noch immer. Die brutale Beweisführung traf sie mitten ins Herz. Die Lehrerin labte sich sichtlich an der Verwirrung der Kinder. Angela stand noch immer stumm und totenbleich da. Da geschah etwas Unerwartetes.

„Komm Jesuskind!“...
Angela stand auf. Ihre Augen funkelten und sie rief: „Wir wollen es aber doch rufen. Hört ihr! Alle miteinander rufen wir: Komm, Jesuskind!“ Darauf war die Lehrerin nicht gefasst. „Komm, Jesuskind!“ „Es war wie ein Schrei, von dem die Mauern hätten einstürzen können“, sagte ein Kind später. Auf das Zeichen Angelas riefen die Kinder noch einmal: „Komm, Jesuskind!“ Und da geschah es, wie die Kinder später dem Pfarrer berichten werden. Plötzlich ging die Tür auf. Das ganze Tageslicht floh plötzlich auf die Tür zu. Das Licht  wuchs und wuchs. Die Kinder bekamen Angst, aber es ging so schnell, dass sie nicht einmal Zeit hatten zu schreien. Und in dem Licht erschien ein Kind, bezaubernd, wie sie noch keines gesehen hatten. Das Kind lächelte sie an, ohne ein Wort zu sprechen. Seine Gegenwart war von unendlicher Schönheit. Sie hatten keine Angst mehr. Es war nur noch Freude. Das Kind war weiß gekleidet und sah aus wie eine kleine Sonne. Die Tageshelle erschien daneben schwarz. Es sagte nichts, es lächelte nur. Dann verschwand es im Licht, das sich allmählich auflöste. Die Tür schloss sich leise. Voll Entzücken, das Herz von Freude  überflutet, konnten die Mädchen kein Wort hervorbringen.Da zerriss ein Schrei die Stille. Ganz verstört schrie die Lehrerin: „Es ist gekommen! Es ist gekommen!“ Dann floh die Lehrerin. Angela schien aus einem Traum zu erwachen. Sie sagte einfach: „Ihr seht, es gibt das Jesus kind. Und jetzt wollen wir danken.“ Sie knieten nieder und beteten. Die Sache sprach sich bald herum. Die Eltern suchten den Pfarrer auf, und er befragte die Kinder, jedes für sich. Er fand in ihren Aussagen nicht den leisesten Widerspruch. „Wir waren in Bedrängnis“, sagte eines der Mädchen, „und da musste das Jesuskind  kommen und uns helfen.“Die Lehrerin aber musste in die Psychiatrie gebracht werden.  Die Schulbehörde vertuschte die Sache. Wie es heißt, hat die Lehrerin unaufhörlich geschrien: „Es ist gekommen, es ist gekommen!“

... Und Es kommt auch heute zu uns!
Jesus kommt auch heute zu uns. Nicht laut und aufdringlich. Sondern ganz unscheinbar steht Er an der Tür unseres Herzens. Machen  wir auf. Machen wir uns auf, Weihnachten in seinem tiefen Sinn zu feiern, es wirklich mit geöffneten Herzen zu feiern, damit Jesus hineingeboren werden kann in die Krippe unseres Herzens. Er ist zu Angela und ihrer ganzen Klasse gekommen. Er kommt auch zu uns und will bei uns Wohnung nehmen, wie es Johann Sebastian Bach am Ende der ersten Kantate seines Weihnachtsoratoriums singen lässt:

„Ach mein herzliebes Jesulein,
mach Dir ein rein sanft Bettelein,
zu ruhn in meines Herzens Schrein,
dass ich nimmer vergesse Dein.“

Quelle: Zeitschrift "medjugorje aktuell", 2012.