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"Seid frohe Zeugen des Wortes und der Liebe Gottes und mit Hoffnung im Herzen, die alles Böse besiegt."

Monatsbotschaft vom 25. Juli 2022

Auszug aus dem Buch "Der Gottmensch" von Maria Valtorta

Die Niederschriften der Visionärin Valtorta beschreiben das gesamte Leben und Wirken Jesu aus einer menschlichen Perspektive und helfen somit die Geschehnisse in der Heiligen Schrift besser zu verstehen.

Diese Niederschrift dient der persönlichen Erbauung. Es ist dem Leser überlassen, sie als übernatürlichen Ursprungs anzuerkennen.

Aus dem 699. Kapitel, Band XII, "Der Gottmensch" von Maria Valtorta   
DIE HIMMELFAHRT DES HERRN

Jesus geht mit seiner Mutter – im Osten bricht kaum die Morgenröte an – über die Hänge des Getsemani. Keine Worte, nur Blicke unaussprechlicher Liebe wechseln sie. Vielleicht haben sie sich schon alles gesagt. Vielleicht haben sie aber auch gar nichts gesagt, und nur die beiden Seelen haben Zwiesprache gehalten: die Seele Christi und die Seele der Mutter Christi. Nun sind sie in liebender Betrachtung, gegenseitiger Betrachtung versunken. Die taufrische Natur sieht sie, das reine Licht des Morgens sieht sie, die lieblichen Geschöpfe Gottes sehen sie: die Gräser, die Blumen, die Vögel und die Schmetterlinge. Menschen sind keine da.

Ich fühle mich nicht ganz wohl, bei diesem Abschied dabei zu sein. »Herr, ich bin nicht würdig«, rufe ich aus unter Tränen, die ich vergieße bei der Betrachtung der letzten Stunde des irdischen Beisammenseins von Mutter und Sohn und bei dem Gedanken, dass wir nun am Ende der liebevollen Mühe sind, sowohl Jesus und Maria, als auch das arme, kleine, unwürdige Kind, das Jesus als Zeugen seines ganzen messianischen Wirkens gewollt hat und das Maria heißt, das Jesus aber lieber »Kleiner Johannes« oder auch »Veilchen des Kreuzes« nennt. Ja, kleiner Johannes! Klein, weil ich ein Nichts bin. Johannes, weil ich wirklich ein Mensch bin, dem Gott große Gnaden erwiesen hat, und weil ich, in allerkleinstem Maß – aber es ist alles, was ich besitze, und da ich alles gebe, was ich habe, weiß ich, dass ich in vollkommenem Maß gebe und Jesus damit zufrieden ist, weil es das »Alles« meines Nichts ist – und weil ich in allerkleinstem Maß, wie der große Johannes, der Liebling, Jesus und Maria meine ganze Liebe gegeben habe, ihre Tränen und ihr Lächeln mit ihnen geteilt habe, ihnen gefolgt bin und betrübt war, sie so traurig zu sehen und sie nicht unter Einsatz meines Lebens gegen die Missgunst der Welt verteidigen zu können; und nun klopft mein Herz zusammen mit dem ihren, da dies alles für immer zu Ende geht. Veilchen. Ja, ein Veilchen, das sich bemüht hat, sich im Gras zu verbergen, damit Jesus ihm nicht ausweicht – er, der alles Geschaffene liebt, weil alles das Werk seines Vaters ist – sondern mich mit seinem göttlichen Fuß zertritt und ich sterben und meinen schwachen Duft verströmen kann in dem Bemühen, ihm die Berührung mit dem rauen, harten Erdboden sanfter erscheinen zu lassen. Veilchen des Kreuzes, ja. Und sein Blut hat meinen Kelch gefüllt, bis er sich zur Erde neigte . . . Oh, mein Geliebter, der du mich schon zuvor mit diesem Blut Übergossen hast, als ich deine verwundeten Füße, die an das Holz genagelt waren, betrachten musste: ». . . ein blühendes Märzveilchen war ich am Fuß des Kreuzes, und die Tropfen des göttlichen Blutes fielen auf das blühende Veilchen . . . « Eine ferne Erinnerung, und doch so nahe und gegenwärtig! Vorbereitung auf das, was ich dann geworden bin: dein Sprachrohr, das nun ganz von deinem Blut besprengt ist, von deinem Schweiß und deinen Tränen und von den Tränen Marias, deiner Mutter; das aber auch deine Worte, dein Lächeln, alles, alles von dir kennt und nicht mehr nach Veilchen, sondern nur nach dir, meine einzige Liebe, duftet, nach dem göttlichem Duft, der gestern Abend meinen Schmerz gemildert hat und der zu mir kommt, sanft wie ein Kuss, tröstend wie der Himmel selbst, und mich alles vergessen lässt, damit ich nur aus dir allein lebe . . . Ich habe dein Versprechen. Ich weiß, dass ich dich nicht verlieren werde. Du hast es mir versprochen, und dein Versprechen ist aufrichtig: es ist das Versprechen Gottes. Ich werde dich immer besitzen. Nur wenn ich durch Hochmut, Lüge oder Ungehorsam sündigen würde, würde ich dich verlieren, hast du gesagt. Aber du weißt auch, dass ich nicht sündigen will, wenn deine Gnade meinem Willen hilft, und ich hoffe, nicht zu sündigen, weil du mir helfen wirst. Ich bin keine Eiche und weiß es. Ich bin ein Veilchen. Ein zarter Stängel, der sich unter dem Fuß eines Vögleins und sogar unter dem Gewicht eines Käfers neigen kann. Doch du bist meine Stärke, Herr. Und meine Liebe zu dir ist mein Flügel. Ich werde dich nicht verlieren. Du hast es mir versprochen. Du wirst ganz zu mir kommen, um deinem sterbenden Veilchen Freude zu schenken. Aber ich bin keine Egoistin. Du weißt es. Du weißt, dass ich dich lieber nicht mehr sehen würde, wenn dafür viele andere dich sehen und an dich glauben könnten. Du hast mir schon so viel gegeben, und ich bin dessen nicht würdig. Du hast mich wahrlich geliebt, wie nur du allein deine auserwählten Kinder lieben kannst. Ich denke daran, wie süß es gewesen ist, dich »leben« zu sehen. Mensch unter Menschen. Und ich denke daran, dass ich dich so nicht wieder sehen werde. Alles habe ich gesehen und gesagt. Ich weiß auch, dass du nie meinem Gedächtnis entschwinden wirst mit deinen Werken als Mensch unter Menschen, und dass ich keine Bücher brauchen werde, um mich zu erinnern, wer du wirklich warst. Es wird genügen, dass ich in mich hineinschaue, wo dein ganzes Leben in unauslöschlichen Lettern eingegraben ist. Aber es war schön, schön . . . Nun fährst du auf . . . Die Erde verliert dich. Maria vom Kreuz verliert dich. Meister, Heiland. Du wirst für sie ein gütiger Gott bleiben. Nicht mehr Blut, sondern himmlischen Honig wirst du in den violetten Blütenkelch deines Veilchens träufeln . . . Ich weine . . . Ich bin deine Jüngerin gewesen, zusammen mit den anderen, auf den waldigen Wegen des Gebirges und den trockenen, staubigen Straßen der Ebene, am See und an dem schönen Fluss deiner Heimat. Nun gehst du fort, und ich werde Betlehem und Nazareth auf ihren grünen Hügeln mit den Ölbäumen nur noch in der Erinnerung sehen, und Jericho in der glühenden Sonne unter den rauschenden Palmen, und das freundliche Bethanien, und En-Gedi, die in der Wüste verlorene Perle, und das schöne Samaria, und die fruchtbaren Ebenen von Scharon und Jesreel, und die bizarre Hochebene jenseits des Jordan, und den Alptraum des Toten Meeres, und die sonnigen Städte am Ufer des Mittelmeeres, und Jerusalem, die Stadt deiner Schmerzen, seine ansteigenden und abfallenden Straßen, die Bögen, die Plätze und die Vororte, die Brunnen und die Zisternen, die Hügel und sogar das traurige Tal der Aussätzigen, wo deine Barmherzigkeit so viel Gutes getan hat . . . und das Haus des Abendmahles . . . den Brunnen, der dort in der Nähe weint . . . die kleine Brücke über den Kidron, den Ort deines Blutschweißes . . . den Hof des Prätoriums . . . Ach nein! Was dir Schmerz bereitet hat, ist hier. Und es wird immer bleiben . . . Ich werde alle Erinnerungen suchen müssen, um sie zu finden, aber dein Gebet im Getsemani, deine Geißelung, dein Aufstieg zum Golgota, dein Todeskampf und dein Tod und der Schmerz deiner Mutter, nein, nein, diese werde ich nicht suchen müssen: diese Schmerzen sind immer gegenwärtig. Vielleicht werde ich sie im Paradies vergessen . . . Und doch scheint es mir selbst dort unmöglich, sie zu vergessen . . . An alles erinnere ich mich von diesen furchtbaren Stunden. Sogar an die Form des Steins, auf den du gefallen bist. Sogar an die rote Rosenknospe, die einem Blutstropfen glich und an den Granit, an den Verschluss deines Grabes pochte . . . Meine göttliche Liebe, deine Passion lebt in meiner Erinnerung fort . . . und zerbricht mir das Herz . . .

Der Tag ist nun angebrochen. Die Sonne steht schon hoch, und man hört die Stimmen der Apostel. Das ist ein Zeichen für Jesus und Maria. Sie bleiben stehen, einander gegenüber, und blicken sich an. Dann öffnet Jesus die Arme und zieht seine Mutter an seine Brust . . . Oh, er war ein Mensch, der Sohn einer Mutter! Um dies zu glauben, braucht man sich nur diesen Abschied anzusehen. Die Liebe ergießt sich in einer Flut von Küssen auf die geliebte Mutter. Die Liebe bedeckt den geliebten Sohn mit Küssen. Sie scheinen sich nicht mehr trennen zu können. Wenn man glaubt, sie würden es nun gleich tun, dann umarmen sie sich immer noch einmal, und zwischen einem Kuss und dem anderen sprechen sie Worte gegenseitigen Segens . . .

Oh, es ist wahrlich der Menschensohn, der die verlässt, die ihn geboren hat! Es ist wahrlich die Mutter, die den Sohn entlässt, um ihn dem Vater wiederzugeben, ihr Geschöpf, das Pfand der Liebe für die Reinste . . . !
Gott küsst die Mutter Gottes!
Endlich kniet die Frau als Geschöpf zu Füßen ihres Gottes nieder, der aber auch ihr Sohn ist, und der Sohn, der Gott ist, legt seine Hände auf das Haupt der Jungfrau-Mutter, der Ewig-Geliebten, und segnet sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dann neigt er sich zu ihr, hilft ihr beim Aufstehen und drückt einen letzten Kuss auf die Stirn, die so weiß ist wie die Blüte einer Lilie unter dem Gold des noch so jugendlichen Haares. . 

Sie begeben sich wieder zum Haus, und niemand, der die beiden so ruhig nebeneinander gehen sieht, kann sich die Woge der Liebe vorstellen, die noch kurz zuvor beide überflutet hat. Doch welch ein Unterschied bei diesem Lebewohl zu der Traurigkeit bei anderen, nun überstandenen Trennungen und dem Schmerz des Abschieds der Mutter von ihrem getöteten Sohn, den sie allein im Grab zurücklassen musste . . . ! Obgleich die Augen feucht sind von den begreiflichen Tränen eines Menschen, der sich von seinem Liebsten trennen muss, lächeln doch die Lippen in der Freude, zu wissen, dass dieser Geliebte an einen Ort geht, der seiner Herrlichkeit würdig ist . . .

»Herr! Da draußen, zwischen dem Hügel und Bethanien sind alle, die du, wie du deiner Mutter gesagt hast, heute segnen willst«, sagt Petrus. »Gut. Gleich gehen wir zu ihnen. Aber zuvor, kommt. Ich möchte mit euch noch einmal das Brot brechen.« Sie gehen in den Raum, in dem zehn Tage zuvor die Frauen sich zum Abendmahl am vierzehnten Tag des zweiten Monats versammelt haben. Maria begleitet Jesus dorthin und zieht sich dann zurück. Jesus bleibt mit den Elf allein.

Auf dem Tisch stehen gebratenes Fleisch, kleine Käse und schwarze Oliven, ein kleiner Krug mit Wein und ein größerer mit Wasser und flache Brote. Ein einfaches Mahl, nicht für eine aufwendige Zeremonie, nur um den Hunger zu stillen.
Jesus segnet und teilt aus. Er sitzt in der Mitte, zwischen Petrus und Jakobus des Alphäus, die er an diese Plätze gerufen hat. Johannes, Judas des Alphäus und Jakobus sitzen ihm gegenüber und Thomas, Philippus, Matthäus auf der einen und Andreas, Bartholomäus und der Zelote auf der anderen Seite. So können alle ihren Jesus sehen . . . Eine kurze, schweigsame Mahlzeit. Die Apostel, für die nun der letzte Tag ihres Zusammenseins mit Jesus gekommen ist, haben trotz seiner wiederholten Erscheinungen bei einem von ihnen oder bei allen zusammen die ehrfürchtige Zurückhaltung in ihren Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus nicht verloren.
 Das Mahl ist zu Ende. Jesus streckt die Hände vor sich über den Tisch aus, die übliche Geste, mit der er eine unumgängliche Tatsache andeutet, und sagt:
»Nun ist es soweit. Die Stunde ist gekommen, da ich euch verlassen muss und zu meinem Vater zurückkehre. Hört die letzten Worte eures Meisters.
Verlasst Jerusalem nicht in diesen Tagen. Lazarus, mit dem ich gesprochen habe, hat noch einmal den Wünschen seines Meisters entsprochen und überlässt euch das Haus des letzten Abendmahles, damit ihr einen Ort habt, wo ihr zusammenkommen und euch im Gebet sammeln könnt. Bleibt in diesen Tagen dort und betet inständig, um euch auf die Ankunft des Heiligen Geistes vorzubereiten, der euch für eure Aufgabe vervollkommnen wird. Denkt daran, dass ich, obgleich Gott, mich durch eine schwere Buße auf meine Aufgabe, das Evangelium zu verkünden, vorbereitet habe. Eure Vorbereitung wird in jedem Fall leichter und kürzer sein. Aber ich verlange nicht mehr von euch. Es genügt mir, wenn ihr inbrünstig betet, in Vereinigung mit den zweiundsiebzig Jüngern und unter der Leitung meiner Mutter, die ich euch mit der Sorge eines Sohnes anvertraue. Sie wird euch Mutter und Lehrerin der Liebe und der vollkommenen Weisheit sein. Ich hätte euch anderswohin senden können, um euch auf  die Herabkunft des Heiligen Geistes vorzubereiten; doch ich will, dass ihr hierbleibt, denn das so abweisende Jerusalem soll staunen über die Fortsetzung der göttlichen Wunder, die eine Antwort auf seine Leugnung sind.

Später wird euch dann der Heilige Geist die Notwendigkeit erkennen lassen, dass die Kirche gerade in dieser Stadt entsteht, die nach menschlichem Urteil die unwürdigste für sie ist. Aber Jerusalem ist immer Jerusalem, auch wenn diese Stadt voller Sünde ist und in ihr der Gottesmord stattgefunden hat. Für Jerusalem gibt es keine Rettung mehr. Es ist verurteilt. Aber wenn auch die Stadt verurteilt ist, so sind doch nicht alle ihre Bürger verurteilt. Bleibt, der wenigen Gerechten wegen, die in ihr wohnen, und bleibt, weil Jerusalem die königliche Stadt, die Stadt des Tempels ist und weil, wie es bei den Propheten geschrieben steht, hier, wo der Messias-König gesalbt, ausgerufen und erhöht worden ist, auch sein Weltreich seinen Anfang nehmen muss, weil hier, wo die Synagoge von Gott wegen ihrer zahlreichen abscheulichen Verbrechen den Scheidebrief der Verstoßung erhalten hat, der neue Tempel erstehen muss, zu dem die Menschen aller Nationen kommen werden. Lest die Propheten. Sie haben alles vorhergesagt. Zuerst wird euch meine Mutter und dann der Heilige Geist die Worte der Propheten für diese Zeit erhellen. Bleibt hier, bis Jerusalem euch verstößt, wie es mich verstoßen hat, und meine Kirche hasst, wie es mich gehasst hat, und Pläne schmiedet, um sie zu zerstören. Dann verlegt den Sitz meiner geliebten Kirche an einen anderen Ort, denn sie darf nicht untergehen.
Ich sage euch: Nicht einmal die Hölle wird sie überwältigen. Doch wenn Gott euch auch seinen Schutz zusichert, versucht nicht den Himmel, indem ihr alles vom Himmel erwartet. Geht nach Efraim, wie euer Meister dorthin gegangen ist, weil die Stunde noch nicht gekommen war, da er von seinen Feinden gefangengenommen werden sollte. Ich sage Efraim und meine damit die Länder der Götzen und der Heiden. Aber nicht Efraim in Palästina sollt ihr als Sitz meiner Kirche wählen. Denkt daran, wie oft ich zu 6034 euch, einzeln oder allen zusammen, gesprochen und euch vorhergesagt habe, dass ihr die Straßen der Welt durchwandern werdet, um zu ihrem Herzen zu gelangen und dort meine Kirche zu begründen. Aus dem Herzen des Menschen gelangt das Blut in alle Glieder. Und aus dem Herzen der Welt soll sich das Christentum über die ganze Erde verbreiten.
Jetzt gleicht die Kirche noch einem Mutterleib, und in ihm verteilt das noch kleine Herz, um das sich die wenigen Glieder der entstehenden Kirche sammeln, das Blut in diese Glieder. Aber sobald die von Gott festgesetzte Stunde gekommen ist, wird der stiefmütterliche Leib das in seinem Schoß gebildete Geschöpf ausstoßen, und es wird in ein neues Land gehen und zu einem großen Leib heranwachsen, der sich über die ganze Erde ausbreiten wird. Und die Schläge des starken Herzens der Kirche werden sich dem ganzen Körper mitteilen. Das Herz der Kirche wird schlagen, befreit von allen Bindungen an den Tempel, ewig und siegreich, über den Trümmern des zerstörten Tempels, lebendig im Herzen der Welt, um Hebräern und Heiden zu sagen, dass Gott allein siegt und tut, was er will, und dass weder der Hass der Menschen, noch die Scharen der Götzen seinem Willen ein Hindernis sein können.
Doch dies wird erst später geschehen, und ihr werdet dann wissen, was zu tun ist. Der Geist Gottes wird euch leiten. Fürchtet nicht. Versammelt jetzt die erste Gemeinde der Gläubigen in Jerusalem. Später werden sich weitere Gruppen bilden, je mehr die Zahl der Gläubigen wächst. Wahrlich, ich sage euch, die Bürger meines Reiches werden sich rasch vermehren, wie in fruchtbares Erdreich gestreuter Samen. Mein Volk wird sich über die ganze Erde ausbreiten. Der Herr spricht zum Herrn: „Da du dies alles getan und dich nicht geschont hast, will ich dich segnen und deine Nachkommenschaft zahlreich machen wie die Sterne des Himmels und den Sand am Gestade des Meeres. Deine Nachkommen sollen das Tor ihrer Feinde besetzen, und in deinen Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet sein.“ Mein Name, mein Zeichen und mein Gesetz sind ein Segen, dort wo sie anerkannt werden.
Der Heilige Geist, der Heiligmacher, ist im Kommen, und ihr werdet von ihm erfüllt werden. Sorgt dafür, dass ihr rein seid, wie alles, was sich dem Herrn nähert, rein sein muss. Ich war Herr wie er, und doch habe ich meine Gottheit unter einem Gewand verborgen, um unter euch weilen zu können, nicht nur, um euch zu unterweisen und zu erlösen mit den Gliedern und dem Blut dieses Gewandes, sondern auch um den Heiligen der Heiligen unter die Menschen zu bringen, ohne dass jeder Mensch, auch der unreine, in ungebührlicher Weise den Blick auf jenen richtet, den selbst die Serafim nur mit Furcht und Zittern schauen. Aber der Heilige Geist wird ohne die Hülle des Fleisches kommen, auf euch ruhen und sich mit seinen sieben Gaben in euch ergießen und euch raten.

Nun ist der Rat Gottes etwas so Erhabenes, dass es erforderlich ist, sich darauf vorzubereiten mit heroischem Willen und einer Vollkommenheit, die euch eurem Vater und eurem Jesus ähnlich macht, und eurem Jesus in seiner Beziehung zum Vater und zum Heiligen Geist. Also vollkommene Liebe und vollkommene Reinheit, um die Liebe verstehen zu können und sie auf dem Thron des Herzens zu empfangen. Verliert euch im Abgrund der Betrachtung. Bemüht euch zu vergessen, dass ihr Menschen seid, und versucht, euch in Serafim zu verwandeln. Werft euch in den Feuerofen, in die Flammen der Betrachtung. Die Betrachtung Gottes gleicht dem Funken, der mit seinem Feuer und Licht entsteht, wenn man den Feuerstein auf den Stahl schlägt. Das Feuer reinigt, indem es die unreine und trübe Materie verzehrt und sie in eine leuchtende, reine Flamme verwandelt. Ihr werdet das Reich Gottes nicht in euch haben, wenn ihr die Liebe nicht habt. Denn das Reich Gottes ist die Liebe, erscheint mit der Liebe und nimmt durch die Liebe eure Herzen in Besitz im Glanz eines überwältigenden Lichtes, das eindringt und befruchtet, die Unwissenheit aufhebt, Weisheit verleiht, den Menschen vernichtet und Göttliches erschafft, das Kind Gottes, meinen Bruder, den König für 6036 den Thron, den Gott jenen bereitet hat, die sich Gott hingeben, um Gott zu besitzen, Gott, Gott, Gott allein. Seid daher rein und heilig durch die glühende Anbetung, die den Menschen heiligt, da sie ihn versenkt in das Feuer Gottes, der die Liebe ist.

Ihr sollt heilig sein. Nicht in dem relativen Sinn, den dieses Wort bis jetzt gehabt hat, sondern in dem absoluten Sinn, den ich ihm gegeben habe, da ich euch die Heiligkeit des Herrn als Beispiel und Maßstab gezeigt habe, also die vollkommene Heiligkeit. Wir nennen den Tempel heilig, und auch den Ort, an dem der Altar steht, und das Allerheiligste nennen wir den verhüllten Ort, wo sich die Bundeslade mit der Versöhnungsplatte befindet. Aber wahrlich, ich sage euch, alle, die die Gnade besitzen und in Heiligkeit leben aus Liebe zum Herrn, sind heiliger als das Allerheiligste; denn Gott steigt nicht nur auf sie hernieder wie auf die Versöhnungsplatte im Tempel, um seine Befehle zu erteilen, sondern er wohnt in ihnen, um ihnen seine Liebe zu schenken.

 Erinnert ihr euch an meine Worte beim Letzten Abendmahl? Ich habe euch damals den Heiligen Geist versprochen. Nun, er kommt bald und wird euch taufen; nicht mehr mit Wasser, wie Johannes es getan hat, um euch auf mich vorzubereiten, sondern mit Feuer, um euch darauf vorzubereiten, dem Herrn zu dienen, wie er es von euch verlangt. Er wird hier sein in wenigen Tagen. Und nach seinem Kommen werden sich eure Fähigkeiten ins Grenzenlose vermehren, und ihr werdet imstande sein, die Worte eures Königs zu verstehen und die Werke zu tun, die er euch geboten hat, um sein Reich über die Erde auszubreiten.«
»Wirst du also nach der Ankunft des Heiligen Geistes das Reich Israel wiederherstellen?« fragen sie und unterbrechen ihn. »Es wird kein Reich Israel mehr geben, sondern mein Reich. Und es wird vollendet sein, wann der Vater gesagt hat. Es ist nicht eure Sache, Zeit und Stunde zu wissen, die der Vater sich in seiner Macht vorbehalten hat. Doch ihr werdet indessen die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der über euch kommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem, in Judäa und in Samaria und bis an die Grenzen der Erde. Ihr werdet Gemeinden gründen, wo Menschen in meinem Namen versammelt sind; ihr werdet die Völker taufen im heiligsten Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes, so wie ich euch gesagt habe, damit sie die Gnade haben und im Herrn leben; ihr werdet allen Menschen das Evangelium verkünden und lehren, was ich euch gelehrt habe, und tun, was ich euch zu tun geboten habe.
Und ich werde bei euch sein alle Tage bis ans Ende der Welt!
Und eines noch will ich. Jakobus, mein Bruder, soll Vorsteher der Gemeinde von Jerusalem sein.
Petrus, als Haupt der ganzen Kirche, wird häufig apostolische Reisen unternehmen müssen, denn alle Neubekehrten werden verlangen, den Oberhirten der Kirche kennenzulernen. Aber groß wird der Einfluss meines Bruders auf die Gläubigen dieser ersten Kirche sein. Die Menschen sind immer Menschen und sehen die Dinge wie Menschen. Für sie wird Jakobus meine Fortsetzung sein, nur weil er mein Bruder ist. Wahrlich, ich sage euch, größer und Christus ähnlicher ist er durch seine Weisheit, als durch die Verwandtschaft. Aber so ist es eben. Die Menschen, die mich nicht gesucht haben, solange ich unter ihnen weilte, werden mich nun in ihm suchen, der mit mir verwandt ist. Du, Simon Petrus, wirst zu anderen Ehren bestimmt sein . . . «

 »Das verdiene ich nicht, Herr. Ich habe es dir schon gesagt, als du mir erschienen bist, und ich wiederhole es noch einmal in Gegenwart aller. Du bist nicht nur weise, sondern auch gut, göttlich gut, und du hast mich, der ich dich in dieser Stadt verleugnet habe, zu Recht für nicht geeignet gehalten, hier das geistige Haupt zu sein. Du willst mir viel gerechten Hohn ersparen . . . «
 »Alle waren wir gleich, Simon, mit Ausnahme von zweien. Auch ich bin geflohen. Nicht deshalb, sondern aus den Gründen, die der Herr genannt hat, hat er mich für dieses Amt bestimmt. Aber du bist mein Oberhaupt, Simon des Jona, und ich erkenne dich als solches in Gegenwart des Herrn und aller Gefährten an und gelobe dir Gehorsam. Ich werde dir geben, was ich kann, um dir bei deiner Aufgabe zu helfen, aber ich bitte dich, gib mir deine Weisungen, denn du bist das Haupt und ich der Untergebene. Als der Herr mir eine vor langer Zeit gegebene Unterweisung in die Erinnerung zurückrief, habe ich das Haupt geneigt und gesagt: „Es geschehe, wie du willst.“ Ebenso werde ich zu dir sagen, sobald der Herr uns verlassen hat und du sein Stellvertreter auf Erden bist. Und wir werden einander in Liebe im priesterlichen Amt behilflich sein«, sagt Jakobus und verneigt sich an seinem Platz, um Petrus Ehre zu bezeugen.
»Ja, liebt einander, seid euch gegenseitig behilflich, denn dies ist das neue Gebot und der Beweis, dass ihr wahrhaft Christus angehört. Lasst euch durch nichts beunruhigen. Gott ist mit euch. Ihr könnt tun, was ich von euch will. Ich verlange nichts von euch, was ihr nicht tun könnt, denn ich will nicht euer Verderben, sondern eure Verherrlichung. Nun, ich gehe, um euren Platz an der Seite meines Thrones vorzubereiten. Seid mit mir und mit dem Vater in der Liebe vereint. Verzeiht der Welt, die euch hasst. Nennt jene, die zu euch kommen oder schon aus Liebe zu mir mit euch verbunden sind, Söhne und Brüder. Seid beruhigt in der Gewissheit, dass ich immer bereit bin, euch das Kreuz tragen zu helfen. Ich werde bei euch sein in den Mühen eures Amtes und in der Stunde der Verfolgungen, und ihr werdet nicht umkommen und nicht unterliegen, auch wenn es denen, die euch mit den Augen der Welt sehen, so scheinen mag. Ihr werdet eine große Last tragen, traurig und müde sein und euch quälen, aber meine Freude wird in euch sein, denn ich werde euch in allem helfen. Wahrlich, ich sage euch, wenn die Liebe euer Freund ist, dann werdet ihr verstehen, dass alles leichtfällt, was man aus Liebe zu mir durchlebt und erduldet, auch wenn es eine große Marter der Welt ist. Denn wer alle seine freiwilligen oder unfreiwilligen Werke mit Liebe umkleidet, verwandelt das vom Leben und der Welt auferlegte  Joch in ein von Gott, von mir, auferlegtes Joch. Und ich wiederhole euch, meine Bürde ist immer eurer Kraft angemessen und mein Joch ist leicht, denn ich helfe euch, es zu tragen.
 Ihr wisst, dass die Welt nicht zu lieben weiß. Doch ihr müsst von nun an die Welt mit übernatürlicher Liebe lieben, um sie lieben zu lehren. Und wenn sie zu euch sagen, da sie euch verfolgt sehen: „So liebt euch Gott? Indem er euch quält und Schmerz bereitet? Dann lohnt es sich nicht, Gott anzugehören“, dann müsst ihr antworten: „Der Schmerz kommt nicht von Gott. Gott lässt ihn nur zu, und wir kennen die Gründe nicht, aber wir rühmen uns, Anteil zu haben an dem Los Jesu, des Retters, des Sohnes Gottes.“ Antwortet: „Wir rühmen uns, ans Kreuz geschlagen zu werden und die Passion unseres Jesus fortzusetzen.“ Antwortet mit den Worten der Weisheit: „Durch den Neid des Teufels sind der Tod und der Schmerz in die Welt gekommen. Denn Gott hat den Tod und den Schmerz nicht gemacht und freut sich nicht über den Schmerz der Lebenden. Hat er doch alles zum Sein erschaffen und alles ist heilbringend.“ Antwortet: „Jetzt scheinen wir verfolgt und besiegt zu sein, aber am Tag Gottes wird sich alles ändern. Dann werden wir Gerechten, auf dieser Erde Verfolgten, verherrlicht denen gegenübertreten, die uns bedrängt und verspottet haben.“ Ihr sollt aber auch zu ihnen sagen: „Kommt zu uns! Kommt zum Leben und zum Frieden. Unser Herr will nicht euren Untergang, sondern euer Heil. Daher hat er seinen geliebten Sohn dahingegeben, auf dass ihr alle gerettet werdet.“

Und freut euch, an meinen Leiden teilhaben zu dürfen, um dann mit mir in der Herrlichkeit sein zu können. „Ich werde euer übergroßer Lohn sein“, verspricht der Herr in Abraham allen seinen treuen Dienern. Ihr wisst, wie man das Himmelreich erobert: mit Gewalt; und man geht dorthin durch viele Mühsale und Bedrängnisse. Aber wer ausharrt, wie ich ausgeharrt habe, wird am Ende sein, wo ich bin. Ich habe euch den Weg und die Pforte gewiesen, die ins Reich des Himmels führen; den Weg, 6040 den ich als erster gegangen bin, und die Pforte, durch die ich zum Vater zurückgekehrt bin. Gäbe es andere, hätte ich sie euch gelehrt, denn ich habe Mitleid mit eurer menschlichen Schwäche. Aber es gibt keine anderen . . . Indem ich sie euch als einzigen Weg und einzige Pforte weise, sage ich euch auch, wiederhole ich euch, welches die Medizin ist, die euch die Kraft verleiht, diesen Weg zu gehen und einzutreten. Es ist die Liebe. Immer die Liebe. Alles wird möglich, wenn die Liebe in uns ist. Und diese große Liebe wird euch die Liebe schenken, die euch liebt, wenn ihr sie in meinem Namen um so viel Liebe bittet, dass ihr Meister der Heiligkeit werdet.
Nun wollen wir uns den Abschiedskuß geben, o meine geliebten Freunde!«
Er steht auf, um sie zu umarmen. Alle tun es ebenfalls. Aber während Jesus friedvoll und wahrhaft göttlich schön lächelt, weinen sie zutiefst betrübt. Und Johannes schmiegt sich an die Brust Jesu und wird von oben bis unten von so qualvollem Schluchzen geschüttelt, dass es ihm die Brust zu sprengen scheint. Da er ihren Wunsch errät, bittet er im Namen aller: »Gib uns doch wenigstens dein Brot, dass es uns in dieser Stunde stärke.«
»So sei es!« antwortet Jesus. Und er nimmt ein Brot, segnet und opfert es, bricht es und wiederholt dabei die rituellen Worte. Und dasselbe tut er mit dem Wein und wiederholt dann: »Tut dies zu meinem Gedächtnis«, und fügt hinzu: »Denn ich hinterlasse euch auch dieses Unterpfand meiner Liebe, um noch und immer bei euch zu sein, bis ihr mit mir im Himmel sein werdet.« Er segnet sie und sagt: »Und nun gehen wir.«

Sie verlassen den Raum und das Haus . . .
Jona, Maria und Markus, die draußen stehen, knien nieder und beten Jesus an. »Der Friede bleibe bei euch. Und Gott möge euch vergelten, was ihr mir gegeben habt«, sagt Jesus und segnet sie im Vorübergehen. Markus steht auf und sagt: »Herr, die Ölgärten am Weg nach Bethanien sind voller Jünger, die auf dich warten.« 6041 »Geh und sage ihnen, dass sie zum Lager der Galiläer gehen sollen. « Markus läuft mit seinen jungen Beinen wie der Blitz davon. »Dann sind also alle gekommen«, sagen die Apostel zueinander. Etwas weiter drüben, zwischen Margziam und Maria des Klopas, sitzt die Mutter des Herrn. Sie steht auf, als sie Jesus kommen sieht, und betet ihn mit dem klopfenden Herzen der Mutter und Getreuen an. »Komm, Mutter, und auch du, Maria . . . « lädt Jesus sie ein, als er sieht, dass sie stehenbleiben, gebannt von seiner Majestät, die erstrahlt wie am Morgen der Auferstehung.
 
Aber Jesus will mit dieser Majestät nicht einschüchtern und fragt Maria des Alphäus liebenswürdig: »Bist du allein?« »Die anderen . . . die anderen sind vorausgegangen . . . mit den Hirten und . . . Lazarus und seiner ganzen Familie . . . Sie haben uns hier zurückgelassen, weil . . . Oh! Jesus! Jesus! Jesus . . . ! Was werde ich anfangen, wenn ich dich nicht mehr sehe, gebenedeiter Jesus, mein Gott. Ich habe dich schon geliebt, bevor du geboren wurdest, ich, die ich deinetwegen so sehr geweint habe, als ich nicht wusste, wo du warst nach dem Kindermord . . . ich, deren Sonne dein Lächeln war, nachdem du zurückgekehrt warst, und mein ganzes, mein ewiges Gut .. . ! Nun erst werde ich wirklich arm, Witwe und allein sein . . . ! Solange du da warst, hatte ich alles . . . ! Ich glaubte, an jenem Abend den größtmöglichen Schmerz kennengelernt zu haben . . . Aber der Schmerz selbst, der ganze Schmerz dieses Tages, hatte mich betäubt . . . ja, er war nicht so groß wie der jetzige . . . Und dann . . . Du würdest auferstehen. Mir schien es, als würde ich nicht daran glauben, aber nun wird mir bewusst, dass ich geglaubt habe; denn ich habe nicht das empfunden, was ich jetzt empfinde . . . « Sie weint und keucht, denn die Tränen ersticken sie fast.
 »Meine gute Maria, du bist betrübt wie ein Kind, das glaubt, die Mutter liebe es nicht und habe es verlassen, nur weil sie in die Stadt gegangen ist, um Geschenke einzukaufen, die es glücklich machen  werden, und bald zu ihm zurückkehren und es mit Liebkosungen und Geschenken überschütten wird. Mache ich es denn nicht ebenso mit dir? Gehe ich nicht, um dir die Freude vorzubereiten? Gehe ich nicht, um wiederzukommen und dir zu sagen: „Komm, geliebte Verwandte und Jüngerin, Mutter meiner geliebten Jünger“? Lasse ich dir nicht meine Liebe? Gebe ich dir nicht meine Liebe, Maria? Du weißt doch, dass ich dich liebe! Weine nicht so, sondern freue dich, denn du wirst mich nicht mehr geschmäht und erschöpft, nicht mehr verfolgt und nur von wenigen geliebt sehen. Und mit meiner Liebe lasse ich dir meine Mutter. Johannes wird ihr Sohn sein, doch du sollst ihr, wie immer, eine gute Schwester sein. Siehst du? Sie, meine Mutter, weint nicht! Sie weiß, dass die Sehnsucht nach mir ihr Herz verzehren wird, aber auch, dass die Wartezeit immer kurz sein wird im Vergleich zur großen Freude der ewigen Vereinigung, und sie weiß, dass diese unsere Trennung nicht so vollständig sein wird, dass sie sagen müsste: „Ich habe keinen Sohn mehr.“ Das war der Aufschrei des Schmerzes am Tag der Schmerzen. Nun singt die Hoffnung in ihrem Herzen: „Ich weiß, dass mein Sohn zum Vater auffährt, aber er lässt mich nicht ohne seine geistige Liebe.“ So musst auch du glauben, und ihr alle . . . Hier sind nun die anderen Jünger und Jüngerinnen und meine Hirten.

« Ich sehe die Gesichter des Lazarus und seiner Schwestern unter denen der Diener von Bethanien; das Gesicht der Johanna, das einer Rose unter einem Regenschleier gleicht, und die Gesichter von Elisa und Nike, die schon vom Alter gezeichnet sind, und deren Falten nun tiefer geworden sind durch den Schmerz, den Schmerz des Geschöpfes, wenngleich die Seele jubelt über den Sieg des Herrn; und das Gesicht Anastasicas, und die liliengleichen Gesichter der ersten Jungfrauen, und das asketische Gesicht des Isaak, das vergeistigte des Matthias, das männliche des Manaen und die ernsten Gesichter von Josef und Nikodemus . . .
Gesichter, Gesichter, Gesichter . . .

Jesus ruft die Hirten, Lazarus, Josef, Nikodemus, Manaen, Maximinus und die übrigen der zweiundsiebzig Jünger zu sich. Die  Hirten jedoch behält er in seiner nächsten Nähe und sagt zu ihnen: »Hierher. Kommt nahe zum Herrn, der vom Himmel gekommen ist und über dessen Erniedrigung ihr euch geneigt habt. Kommt mit erfüllten Seelen zum Herrn, der jetzt in den Himmel zurückkehrt, voll Freude über seine Verherrlichung. Ihr habt diesen Platz verdient, denn ihr habt zu glauben verstanden, allen widrigen Verhältnissen zum Trotz, und habt für euren Glauben gelitten. Ich danke euch für eure treue Liebe. Euch allen danke ich. Dir, Lazarus, mein Freund. Dir, Josef, und dir, Nikodemus, die ihr Christus eure Liebe erzeigt habt, als dies für euch gefährlich sein konnte. Dir, Manaen, der du die elende Gunst eines Unreinen verachtet hast, um auf meinem Weg zu wandeln. Dir, Stephanus, blühende Krone der Gerechtigkeit, der du den Unvollkommenen für den Vollkommenen verlassen hast und mit einem Kranz gekrönt werden wirst, den du noch nicht kennst, den dir jedoch die Engel ankündigen werden. Dir, Johannes, für kurze Zeit Bruder an der reinsten Brust und mehr zum Licht gekommen als in Erscheinung getreten. Dir, Nikolaus, der du mich als Proselyt über den Schmerz getröstet hast, den die Kinder dieser Nation mir bereitet haben. Und euch, ihr guten, starken Jüngerinnen, die ihr trotz eurer Sanftmut stärker als Judit gewesen seid. Und dir, Margziam, mein Junge, der du von nun an Martial heißen sollst zur Erinnerung an den römischen Knaben, der auf der Straße getötet und vor das Tor des Lazarus geworfen wurde mit der herausfordernden Tafel: „Nun sage dem Galiläer, dass er dich auferweckt, wenn er Christus und auferstanden ist“; der letzte der Unschuldigen, die in Palästina das Leben lassen mussten, um mir zu dienen, wenn auch unbewusst, und der erste der Unschuldigen aller Nationen, die zu Christus kommen und dafür gehasst und vor der Zeit getötet werden, wie Blütenknospen, die man von ihrem Stiel reißt, noch bevor sie erblüht sind. Und dieser Name, o Martial, soll dir dein zukünftiges Schicksal weisen. Werde Apostel in barbarischen Ländern und erobere sie für deinen Herrn, so wie meine Liebe den römischen Knaben für den Himmel erobert hat. Alle, alle will ich  bei diesem Abschied segnen. Und ich erbitte vom Vater die Belohnung für sie, die dem Menschensohn auf seinem schmerzhaften Weg Trost geschenkt haben. Gesegnet sei die Menschheit in ihrem auserwählten Teil, den es bei den Juden wie bei den Heiden gibt und der sich in der Liebe zu mir geoffenbart hat. Gesegnet sei das Land mit seinen Kräutern und Blumen und seinen Früchten, die mir so oft Labung und Erquickung geschenkt haben. Gesegnet sei das Land mit seinen Wassern und seiner Wärme, seinen Vögeln und seinen Tieren, die oft den Menschen übertroffen und dem Menschensohn Trost gespendet haben. Gesegnet seist du, Sonne, und du, Meer, und ihr, Berge, Hügel und Ebenen. Gesegnet seid ihr, Sterne, die ihr mir beim nächtlichen Gebet und im Leiden Gesellschaft geleistet habt. Und du, Mond, der du mir auf meinen Pilgerwegen bei der Verkündigung des Evangeliums Licht gespendet hast. Alle, alle, sollt ihr gesegnet sein, ihr Geschöpfe und Werke meines Vaters, meine Gefährten in der Todesstunde, Freunde dessen, der den Himmel verlassen hat, um die bedrängte Menschheit von der Not der Sünde, die sie von Gott trennt, zu befreien. Auch ihr, unschuldige Werkzeuge meiner Passion, Dornen, Nägel, Holz und Stricke, sollt gesegnet sein, denn ihr habt mir geholfen, den Willen meines Vaters zu vollbringen.

« Was für eine mächtige Stimme Jesus hat! Sie breitet sich aus in der lauen, ruhigen Luft wie der Klang angeschlagener Bronze. Sie breitet sich aus in Wellen über das Meer der Gesichter, die ihn aus allen Richtungen anschauen. Mir scheint, es sind Hunderte von Personen, die Jesus umgeben, der nun mit seinen Bevorzugten zum Gipfel des Ölberges hinaufsteigt. Aber als er beim Lager der Galiläer angekommen ist, wo nun zwischen dem einen und dem anderen Fest keine Zelte stehen, befiehlt Jesus den Jüngern: »Sagt den Leuten, dass sie bleiben sollen, wo sie sind, und folgt mir dann.
« Er geht noch weiter hinauf, bis zum höchsten Punkt des Berges, der schon näher bei Bethanien als bei Jerusalem liegt. Um ihn herum sind seine Mutter, die Apostel, Lazarus, die Hirten und Margziam. Etwas weiter hinten die anderen Jünger, die einen Halbkreis bilden, um die Schar der Getreuen zurückzuhalten.
Jesus steht auf einem flachen, weißen Stein, der etwas über das Grün einer Lichtung emporragt. Die Sonne scheint auf ihn herab und lässt sein Gewand wie Schnee und sein Haar wie Gold leuchten. Die Augen strahlen in einem göttlichen Licht.
Er öffnet die Arme, wie zu einer Umarmung. Es scheint, als wolle er die ganze Menschheit an seine Brust ziehen, die sein Geist in dieser Volksmenge vertreten sieht.
Seine unvergessliche, unnachahmliche Stimme gibt die letzte Anweisung: »Geht! Geht in meinem Namen und verkündet den Völkern das Evangelium bis an die äußersten Grenzen der Erde. Gott sei mit euch. Seine Liebe stärke euch, sein Licht leite euch, sein Friede wohne in euch bis zum ewigen Leben.«
Er verklärt sich in Schönheit. Schön! Schöner noch als auf dem Tabor. Alle fallen anbetend auf die Knie. Er sucht noch einmal das Gesicht seiner Mutter, während er sich schon von dem Stein, auf dem er steht, erhebt; und sein Lächeln strahlt eine Macht aus, die niemand je wiedergeben können wird . . . Es ist sein letzter Gruß an die Mutter. Er steigt und steigt . . . Die Sonne, die ihn nun noch ungehinderter küssen kann, da keinerlei Laubwerk ihren Strahlen mehr im Weg ist, trifft mit ihrem ganzen Glanz den Gottmenschen, der mit seinem allerheiligsten Körper zum Himmel auffährt, und lässt die glorreichen Wunden wie lebendige Rubine aufleuchten. Alles andere ist ein perlenschimmerndes Lächeln des Lichts. Es ist wahrhaft das Licht, das sich in diesen letzten Augenblicken offenbart als das, was es ist, wie in der Nacht der Geburt. Die Schöpfung erstrahlt im Licht des auffahrenden Christus. Einem Licht, das die Sonne übertrifft. Ein übernatürliches, beseligendes Licht. Ein Licht, das vom Himmel dem aufsteigenden Licht entgegenkommt.
Und Jesus Christus, das Wort Gottes, entschwindet dem Blick der Menschen in diesem Ozean von Licht . . .
 Auf der Erde nur zwei Laute im tiefen Schweigen der ekstatischen  Menschenmenge: der Schrei Marias, als Jesus entschwindet: »Jesus!« und das Weinen des Isaak.
Die anderen sind in andächtigem Staunen verstummt und stehen da wie in Erwartung; bis zwei lichtstrahlende Engel in menschlicher Gestalt erscheinen und die Worte sagen, die im ersten Kapitel der Apostelgeschichte berichtet werden.

Wir danken dem Parvis Verlag für die Bereitstellung des Textes zur Veröffentlichung!
Maria Valtorta: Der Gottmensch - Leben und Leiden unseres Herrn Jesus Christus. Parvis-Verlag
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