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"Seid frohe Zeugen des Wortes und der Liebe Gottes und mit Hoffnung im Herzen, die alles Böse besiegt."

Monatsbotschaft vom 25. Juli 2022

Die Rolle und die Problematik der Seher

30 Jahre später - von Pater Ivan Dugandzic, OFM - 6. Teil (die Teile 1-4 haben wir vom 14.3.-17.3. veröffentlicht)

Die Rolle und die Problematik der Seher
Man braucht die Augen keineswegs vor bestimmten Schwierigkeiten zu verschließen, denen manche begegnen, wenn es um Medjugorje geht. Während die Schwierigkeiten zu Beginn hauptsächlich mit heiklen theologischen Fragen des Phänomens der Erscheinungen selbst oder des Inhalts der Botschaften, welche die Seher im Namen der Gospa überbrachten, verbunden waren, sind im Lauf der Zeit immer mehr die Seher selbst und ihr Leben, aber auch die übrigen Zeugen von Medjugorje ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Wir möchten uns hier nicht mit manchmal wirklichen naiven und theologisch unhaltbaren Einwänden befassen, wie zum Beispiel, warum die Seher nicht ins Kloster gegangen sind, sondern sich für das Familienleben entschieden haben. Jene, die solche Fragen stellen, vergessen, dass auch der Ruf zum Priester- und Ordensleben ein Geschenk von Gott ist und nicht die Wahl des Menschen. Gott wirkt immer unter konkreten Bedingungen der menschlichen  Geschichte mit konkreten Menschen, die nicht nur Subjekte, sondern auch Zeugen seines Wirkens werden. Neben diesen unmittelbaren Zeugen gibt es immer auch einen weiteren Kreis von Zeugen. Das sind all jene, die auf verschiedene Weise in dieses Wirken hineingezogen wurden und sich ihm bewusst und freiwillig zur Verfügung gestellt haben. Und je mehr Zeit vergeht, umso wichtiger wird die Rolle dieser Zeugen, aber gleichzeitig auch umso delikater. Sie wird deshalb wichtiger, weil man sich ständig an die Anfänge zurückerinnern muss, und delikater, weil ihr persönliches Leben im Lauf der Zeit mit der Lupe betrachtet wird. Mit anderen Worten – das Zeugnis ihres Lebens wird wichtiger als das Zeugnis des Ortes. In einem unverbindlichen Gespräch über die Ereignisse in Medjugorje hat ein Teilnehmer des Gespräches den Autor dieser Zeilen daran erinnert, er habe schon 1985 gesagt, dass es am schwierigsten sein wird, Medjugorje vor seinen Zeugen zu beschützen. Ich erinnere mich sehr gut an den Zusammenhang, in dem dies ausgesprochen wurde. Alle Zeugen der Erscheinungen von den Sehern über ihre Familien, die Priester, die damals in Medjugorje wirkten bis zum weiteren Kreis jener, welche die Erscheinungen und Botschaften angenommen haben, waren damals unter dem starken Druck der kommunistischen Geheimpolizei, die ihnen mit Verfolgung drohte, wenn sie nicht aufhörten, im Namen der Gospa zu sprechen. Aber niemand hat damals Angst bekommen und aus Angst seine Überzeugung verraten.
Auf der anderen Seite begann man schon damals, nur fünf Jahre nach dem Beginn dieser Ereignisse, auch die ersten Zeichen des Nachlassens jener anfänglichen Begeisterung und der Rückkehr zur Lauheit und Halbheit des Lebens zu spüren. Auf der anderen Seite begannen die Gegner von Medjugorje beharrlich im früheren Leben der Zeugen nachzugraben, ob es nicht etwas zu entdecken gäbe, was die wohlgesinnten Menschen, die sich in Medjugorje sammelten, nervös machen und entmutigen könnte. Dabei rechnete man natürlich auch mit der theologischen Unwissenheit dieser einfachen Leute und erreichte nicht selten das gewünschte Ziel. In diesem Zusammenhang wurde der obige Satz ausgesprochen und die Zeit hat ihn immer mehr bestätigt.
Wenn man die Bibel und die Art Gottes, mit den Menschen zu wirken, besser kennt, dann wird uns klar, dass er nie durch vollkommene Leute wirkt, denn solche gibt es einfach nicht. Dabei vergisst man, dass Buße und Bekehrung – von Gott ermöglicht – immer neue Anfänge für jeden Menschen sind, was im Christentum wichtig ist.
Die Bibel bezeugt uns auch, das Gott immer anders wirkt, als es die Menschen erwarten und dass sein Wirken nicht selten überraschend, ja sogar verwirrend ist. Die alttestamentlichen Propheten sind oftmals gescheitert, weil sie nicht das gesagt haben, was die damaligen Könige und Herrscher hören wollten, sondern weil sie ihnen das Wort Gottes verkündet haben, das für sie unangenehm war.
Es genügt, dass wir uns nur daran erinnern, dass auch Jesus, nachdem er Johannes dem Täufer, geantwortet hatte, der verwirrt war, weil Jesus nicht als strenger Richter aufgetreten war und – bildlich gesprochen -, die Spreu vom Weizen getrennt und die Spreu im unauslöschlichen Feuer verbrannt hat (vgl. Mt 3,12), den intriganten Satz hinzufügte: „Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt“ (Mt 11,6). Wenn manche sogar im Benehmen und Wirken Jesu einen Grund fanden, an ihm Anstoß zu nehmen, was muss man dann über das Benehmen irgendeines Zeugen der Erscheinungen von Medjugorje sagen? Aber das befreit sie keineswegs von der Pflicht, dass sie selber sich bemühen, die Botschaften zu leben, die sie im Namen der Gospa anderen überbringen, und sich dessen bewusst sind, dass die Augen vieler gerade auf sie gerichtet sind. Aber das heißt auch nicht, dass ihr eventuell unwürdiges Leben die Echtheit der Botschaften in Frage stellt. So wie der Ruf Gottes zur geistlichen Berufung, in welcher Form auch immer, nicht gleichzeitig auch eine Bürgschaft für den einzelnen ist, dass er nicht versucht wird und vielleicht auch abfallen wird, so sind auch die Seher durch nichts besonders geschützt. Auch sie sind zum ständigen Wachstum im geistlichen Leben eingeladen, aber gleichzeitig sind sie auch Versuchungen unterworfen, so wie jeder andere Mensch.

Pater Ivan Dugandzic, OFM

Quellennachweis: Medjugorje Gebetsaktion,  2/2011, Heft 101